Expertin über Integrationskurse: "Das wäre gut investiertes Geld"

Die Träger von Integrationskursen bekommen nur 2,35 Euro je Teilnehmerstunde. Die Kürzung der Zuschüsse für Kinderbetreuung ist besonders spürbar, kritisiert Ayla Ertürk.

Deutsch zu lernen ist harte Arbeit. Integrationskurse helfen dabei. Bild: imago/Dünhölter

taz: Frau Ertürk, Sie leiten den zweitgrößten Anbieter von Integrationkursen in Berlin. Vom Staat bekommen Sie dafür 2,35 Euro pro Stunde und Teilnehmer. Reicht das?

Ayla Ertürk: Das ist nicht viel. Wir haben hohe Investitions- und Verwaltungskosten, viele Anschaffungen, die wir gern tätigen würden, sind da nicht drin. Dabei geht es uns vergleichsweise gut. Unsere Lage im Herzen von Neukölln ist ideal, das macht einiges wett. Andere Anbieter haben es da wesentlich schwerer. Auch wir würden unseren Dozenten gern höhere Löhne zahlen. Mit den Zuschüssen, die wir kriegen, geht das nicht.

Die Linkspartei spricht davon, dass die Dozenten wegen der geringen Zuschüsse für "Hungerlöhne" arbeiten müssten. Stimmt das?

Wir zahlen 18 Euro pro Unterrichtseinheit. Das ist überdurchschnittlich viel, doch die Dozenten sind Freiberufler. Wenn sie nicht genug Aufträge haben, kann es durchaus schwierig sein, davon zu leben. Es gibt einen Mindestlohn, der liegt bei 15 Euro, daran halten sich aber längst nicht alle. Manche Dozenten arbeiten bei kleineren Kursanbietern für 8 Euro. Davon kann man nicht leben.

Die Bundesregierung hat die Mittel für die Integrationskurse in der Vergangenheit gekürzt. Wie hat sich das für Ihre TeilnehmerInnen bemerkbar gemacht?

AYLA ERTÜRK, 45, ist Leiterin des Bildungsträgers dtz in Neukölln, einem Anbieter von Integrationskursen in Berlin.

Zu spüren war vor allem die Kürzung der Kinderbetreuung. Das wird nun viel restriktiver gehandhabt. Eine Teilnehmerin mit einem Kind unter drei Jahren muss sich erst Absagen von mehreren Kitas holen. Ich kenne Träger, bei denen Teilnehmende mit Kindern deshalb die Kurse nicht antreten können. Das wäre gut investiertes Geld, aber das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das für die Integrationskurse zuständig ist, sieht das anders. Die Länder sollen genügend Kindergartenplätze zur Verfügung stellen.

Vernachlässigt die Regierung die Ausstattung des Kursangebots, während sie gleichzeitig Druck auf die Migranten ausübt, damit die Deutsch lernen?

Dass die Menschen Deutsch lernen ist für ihre Integration sehr wichtig. Das müssen sie aber selbst verstehen. Dazu muss man sie motivieren. Zwang hilft da nicht weiter.

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