Exportförderung der Bundesregierung: Amnesty verklagt Deutschland

Welche Exporte fördert die Bundesregierung? Das Wirtschaftsministerium verweigert die Antwort. Bürgerrechtler wollen das nicht hinnehmen.

Die öffentliche Exportversicherung greift, wenn ein Auftraggeber im Ausland nicht zahlen kann. Bild: dpa

BERLIN taz | Beeinträchtigen von der Bundesregierung geförderte deutsche Exporte etwa von Kraftwerkstechnik in Afrika oder Asien die Rechte der dortigen Anwohner? Das wollen die Bürgerrechtsorganisationen Amnesty International, Gegenströmung und Urgewald wissen. Zweimal haben sie deswegen im Wirtschaftsministerium nachgefragt, zweimal hat dieses das Ansinnen abgelehnt. Am Montag wollen die Verbände deshalb gegen die Bundesregierung klagen.

Sie berufen sich dabei auf das Informationsfreiheitsgesetz, das eine demokratische Errungenschaft ist: Jeder Bürger darf amtliche Auskünfte verlangen – über Gift in Lebensmitteln, Lärm von Straßen oder Kosten von Bauprojekten. Die Verwaltungen und Regierungen sind verpflichtet, sie herauszugeben. Aber immer wieder weigern sie sich.

Aktuell geht es um das Kohlekraftwerk Medupi in Südafrika, an dessen Bau auch deutsche Firmen beteiligt sind. Urgewald-Mitarbeiterin Regine Richter befürchtet, dass sich die Versorgung der Anwohner mit Trinkwasser verschlechtern wird, weil das Kraftwerk große Mengen Kühlwasser benötigt. Die Gegend an der Grenze zu Botswana sei ohnehin sehr trocken, so Richter. „Wir wollen wissen, ob sich der Interministerielle Ausschuss mit der potenziellen Gefährdung der Menschenrechte beschäftigt hat. Deswegen verlangen wir Einsicht in die Prüfberichte.“

Im besagten Ausschuss sitzen unter anderem Vertreter des Bundeswirtschafts- und des Außenministeriums. Sie entscheiden, welche deutschen Unternehmen öffentliche Exportversicherungen erhalten, sogenannte Hermes-Bürgschaften. Solche Versicherungen sollen deutsche Firmen schützen, wenn Zahlungen ausländischer Auftraggeber möglicherweise ausfallen.

Exporte an alle

Die Bundesregierung fördert auf diese Weise Exporte auch in Entwicklungs- und Schwellenländer mit autoritären Regierungen, bei denen der Schutz der Menschenrechte nicht hoch im Kurs steht. Einige solcher Projekte aus den Jahren 2009 und 2011 interessieren die Bürgerrechtsorganisationen besonders.

So sicherte die Bundesregierung den deutschen Beitrag am Bau einer Baumwollspinnerei in Tadschikistan ab. In Weißrussland und der Ukraine wurden Anlagen zur Herstellung von Granulat und Industriegarnen gefördert. Weitere potenziell kritische Bauprojekte liegen in Kasachstan (Fabrik für Ferrochrom), in Abu Dhabi (Aluminiumfabrik), Vietnam (Kohlekraftwerk) und Mauretanien (Eisenerzbergbau). Eine wichtige Frage ist immer, ob die Anwohner solcher Anlagen vertrieben oder geschädigt werden.

Das Bundeswirtschaftsministerium weigert sich jedoch, den Organisationen die entsprechenden Prüfberichte zu schicken. „Der Antrag auf Informationszugang wird abgelehnt“, heißt es in einem Schreiben des Ministeriums, das der taz vorliegt.

Die Beamten berufen sich unter anderem auf den Paragrafen 3 des Informationsfreiheitsgesetzes. Auskünfte würden beispielsweise dann nicht erteilt, wenn die „internationalen Beziehungen“ Deutschlands oder die „Vertraulichkeit von Verhandlungen“ beeinträchtigt würden.

Das wollen die Organisationen nicht hinnehmen. Ihr Argument: Die Öffentlichkeit könne nicht überprüfen, ob die Bundesregierung den Schutz der Menschenrechte ernst nehme, zu dem sie auch international verpflichtet sei.

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