FDPler wechselt zu Rüstungsfirma: Vom Verteidigungspolitiker zum Rüstungslobbyisten
Marcus Faber heuert bei deutscher Tochter des israelischen Rüstungskonzerns Elbit an. Im Bundestag war er Vorsitzender des Verteidigungsausschusses.
Nach Ex-Finanzminister Christian Lindner hat ein weiterer FDP-Politiker seine Anschlussverwendung in der Wirtschaft gefunden. Marcus Faber, bis zum Ausscheiden seiner Partei aus dem Bundestag Abgeordneter aus Sachsen-Anhalt, wechselt zum Rüstungshersteller Elbit Systems Deutschland. „Seit 1. November bin ich neuer Vice President Political Affairs bei Elbit Systems Deutschland“, teilte Faber jetzt auf seinem Instagram-Accout mit. „Bei Elbit arbeite ich als Bindeglied zwischen dem politischen Berlin, Brüssel und dem Management des Systemhauses in Ulm. Als Teil der Geschäftsleitung berichte ich direkt an den CEO Marian Rachow.“
Der Wechsel mag für FDP-Politiker branchenüblich sein, ist aber doch insofern bemerkenswert, als Faber bis zum Ablauf der vergangenen Legislaturperiode im Bundestag Vorsitzender des Verteidigungsausschusses war. Der Ausschuss kontrolliert die Regierung, befindet aber auch über die oft millionenschweren Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr. „Seine Beratungen sind oft von hoher Brisanz, deshalb tagt der Verteidigungsausschuss hinter verschlossenen Türen“, heißt es auf der Bundestagshomepage.
Abgeordnete ohne Karenzzeit
Doch anders als für Mitglieder der Bundesregierung gibt es für Abgeordnete keine Karenzzeit, die Interessenkonflikte bei einem Seitenwechsel („Drehtür-Effekt“) vermeiden soll. So musste sich Ex-Finanzminister Lindner seine neue Tätigkeit beim Beratungsunternehmen Teneo von der Bundesregierung genehmigen lassen, da er den neuen Job innerhalb der 12-Monats-Frist hatte. Für Bundestagsabgeordnete fehlen entsprechende Regelungen, was Verbände wie Lobbycontrol oder Abgeordnetenwatch schon lange kritisieren.
So bekommt Elbit Systems Deutschland jetzt einen Mitarbeiter mit tiefem Einblick in das Beschaffungswesen der Bundeswehr. Der Rüstungshersteller gehört zum israelischen Luft-, Raumfahrt- und Elektronikkonzern Elbit Systems, der seinen Sitz in Haifa hat. Das Unternehmen stellt Waffen-, Kommunikations- und Aufklärungssysteme her. Wegen der Rolle des Drohnenherstellers im Gaza-Krieg gab es weltweit Proteste gegen Elbit Systems und seine Tochterunternehmen und Niederlassungen.
Funkgeräte für die Bundeswehr
An die Bundeswehr liefert Elbit Systmes schon lange, zum Beispiel Funkgeräte. Elbit wirkte beim System „Infanterist der Zukunft“ mit und war an der Entwicklung von Selbstschutzsystemen für den Airbus-Militärtransporter A400M beteiligt. 2007 kaufte die Firma den deutschen Funktechnikhersteller Telefunken Racoms in Ulm. 2018 wurde ein Büro in Berlin eröffnet, wegen „der geplanten Ausweitung der Aktivitäten auf dem deutschen Markt“.
Seit 2020 firmiert die Firma in Ulm unter dem Namen „Elbit Systems Deutschland“, die sich als „Systemhaus für die Bundeswehr“ sieht und bewirbt. „In den letzten Jahren habe ich gesehen, wie sich Elbit Systems in Deutschland und Europa hervorragend entwickelt hat. Der Ulmer Mittelständler hat das Potenzial, unsere Verteidigungsfähigkeit und die unserer Partner schnell und effektiv zu stärken“, beschreibt der neue Mitarbeiter Marcus Faber das Unternehmen.
Kaffee mit Parteifreundinnen
Lobbyismus-Kritiker finden den Wechsel des FDP-Politikers dagegen „hochgradig problematisch“, so Timo Lange von der NGO Lobbycontrol. „Faber nimmt seine als Abgeordneter erworbenen Kenntnisse über die deutsche Verteidigungspolitik und seine Netzwerke mit zu Elbit.“ Der Wechsel sei „ein Musterfall der Drehtür“, sagt auch Sarah Schönewolf, Sprecherin von Abgeordnetenwatch: „Solche Seitenwechsel untergraben das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Politik und die Glaubwürdigkeit von Abgeordneten.“
Wie nützlich Fabers politische Kontakte sind, zeigte sich, als er seinen neuen Job auf Instagram bekannt gab. „Viel Erfolg“, wünschte ihm da seine Parteifreundin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die seine Amtsvorgängerin als Vorsitzende des Verteidigungsausschusses war und jetzt im Europäischen Parlament sitzt. „Danke dir“, antwortete Faber. Und schlug dann gleich mal was vor: „Ich bin im neuen Job auch regelmäßig in Brüssel und komme gern mal auf einen Kaffee vorbei.“
Ob es da nur um die guten alten Zeiten geht? Wohl kaum: Strack-Zimmermann ist im Europäischen Parlament die Vorsitzende des Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung (SEDE) – also wieder in wichtiger Funktion. So geht Lobbyismus.
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