FLUGROUTEN: Strittige Flüge im Dunkeln

Das Umweltbundesamt befürwortet ein teilweises Nachtflugverbot für BER. Unterdessen setzen Anwohner am Müggelsee ihren Protest gegen die geplanten Routen fort.

Soll ungestörtes Naherholungsgebiet bleiben: Der Müggelsee. Bild: dapd

Die Befürworter eines Nachtflugverbots am neuen Hauptstadtflughafen BER haben Zuspruch vom Umweltbundesamt erhalten. "Ich fände es schwer verständlich, wenn es bei der geplanten Nachtflugregelung am künftigen Flughafen BER bliebe", sagte UBA-Präsident Jochen Flasbarth der Berliner Morgenpost. Das UBA überprüft bundesweit die Reduzierung von Fluglärm. Er empfehle an alle städtischen und stadtnahen Flughafenstandorten ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr, sagte Flasbarth.

Der Hauptstadtflughafen BER soll in rund einem Jahr seinen Betrieb aufnehmen. Derzeit ist eine Nachtruhe zwischen Mitternacht und 5 Uhr geplant. Dagegen klagen sowohl Anwohner als auch die Fluggesellschaft Air Berlin vor dem Landesverwaltungsgericht - die einen wollen mehr, die anderen weniger Nachtruhe. Strittig sind die Flüge in den sogenannten Randzeiten zwischen 22 Uhr und Mitternacht sowie zwischen 5 und 6 Uhr. Ein Sprecher des brandenburgischen Infrastrukturministeriums sagte der taz, man werde die Forderung des UBA bei den Verhandlungen im Verwaltungsgericht aus wirtschaftlichen Gründen nicht berücksichtigen. Der umweltpolitische Sprecher der Grünen in Brandenburg, Michael Jungclaus, hingegen begrüßte Flasbarths Vorstoß.

Die Stadt Berlin kann als Mitgesellschafter des BER zwar über ein Nachtflugverbot mitentscheiden, die Senatsverwaltung für Verkehr schob die Verantwortung jedoch auf die Brandenburger Behörde.

Derweil protestieren Anwohner der geplanten An- und Abflugrouten weiter gegen die überarbeiteten Routen, die die Deutsche Flugsicherung (DFS) vor zwei Wochen vorgestellt hatte. Die Friedrichshagener Bürgerinitiative (FBI) am Müggelsee organisierte am Montag zum dritten Mal eine Demonstration, bei der sich etwa 1.500 auf dem Marktplatz versammelten. Der in Friedrichshagen wohnende Arzt Hans Behrbohm stellte ein eigenes Gutachten vor. Er sagte: "Das Wasserschutzgebiet Müggelsee ist die Lunge Berlins. Die geplanten Flugzeugrouten wären wie die Amputation eines Lungenflügels."

Eingeladen waren auch Spitzenpolitiker der im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien. Auf die Absage des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) reagierte der Theaterregisseur und Filmemacher Leander Haußmann, der als Friedrichshagener den Protest unterstützt, auf dem Marktplatz kampfeslustig: "Wenn Klaus Wowereit nicht zu uns kommt, kommen wir eben zu ihm".

Um die Bewohner von Erkner zu entlasten, hatte die DFS kürzlich eine ergänzende Route vorgeschlagen, die über den Müggelsee führt. Rund 120 Flüge würden nach dem neuen Vorschlag bei Ostwind in einer Höhe von 1.150 Metern über den See fliegen. Bei Westwind nähmen die Flugzeuge Routen, die unter anderem auch über den Wannsee verlaufen. Weil der doppelt so hoch überflogen werden soll wie der Müggelsee, fühlen sich die Protestler am Friedrichshagener Marktplatz ungerecht behandelt. So auch der Eigenheimbesitzer Frank Förster. Er befürchtet, der Wert seines Hauses könne deutlich sinken. Die Routen über den Südosten seien eine Frechheit.

Linken-Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi hatte vergangene Woche versucht, den Streit zum Ost-West-Konflikt zu stilisieren. "Wir schonen Westberlin und schicken die Flugzeuge über den Osten", hatte er dem Tagesspiegel gesagt. Tatsächlich wird Friedrichshagen aber stärker belastet, um Erkner zu schonen. Wirtschaftssenator Harald Wolf sagte am Montag in Friedrichshagen, die Linke werde als Alternative die sogenannte Route Gosener Wiesen prüfen. Eine erste offizielle Entscheidung über die Flugrouten fällt im Januar 2012.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.