Facebook, NSA und Hacker: Denkt Snowden wie Zuckerberg?

Der eine ist ein Feindbild für Datenschützer, der andere ihre Ikone. Könnte es sein, dass den Facebook-Chef und den NSA-Whistleblower ihre Ethik eint?

Denkt dieser Millionär wie ein Whistleblower? Bild: ap

In dieser Woche haben Unterstützer von Edward Snowden in Berlin ein Netzwerk gegründet. Es heißt „Courage“ und soll dafür sorgen, dass auch künftig Menschen so mutig sein können wie Edward Snowden oder Chelsea Manning. Nachdem der NSA-Whistleblower Snowden in Hongkong untergetaucht war und sich nach Lateinamerika absetzen wollte, hat er in 21 Ländern Asylanträge gestellt.

Die Kosten dafür hätte Snowden alleine kaum bewältigen können – er war auf die Hilfe unzähliger Unterstützer angewiesen. Mit dem Netzwerk, wollen seine Unterstützer das künftig schneller und effektiver erledigen. Das "Leaken" von Geheimdienstinformationen etabliert sich schließlich als ein Mittel, um Staaten zu bekämpfen, die ihre Bürgerinnen maßlos überwachen. Nur so, glaubt Snowden, lässt sich vermeiden, dass wir am Ende „in einer Welt leben, in der alles, was ich tue und sage, aufgezeichnet wird.“

Mark Zuckerberg hat viel dafür getan, dass wir dieser Welt immer näher kommen. Das würden zumindest seine Gegner sagen. Facebook, dessen Chef und Gründer Zuckerberg ist, sammelt massenhaft Daten. Täglich werden auf der Plattform zehn Milliarden private Nachrichten ausgetauscht und 350 Millionen Fotos hochgeladen. Kritikern, die darin eine Gefahr für den Datenschutz sehen, entgegnet Zuckerberg, dass sie schlicht altmodisch sind. „Die sozialen Normen haben sich verändert“, sagte er schon 2010, die Menschen seien heute daran gewöhnt, private Informationen offener und mit mehr Menschen zu teilen.

Es hat sich mittlerweile sogar ein Netzwerk gegen seinen Konzern gegründet: Europe versus Facebook. Die Aktivisten klagen gerade vor einem irischen Gericht dagegen, dass Facebook Daten europäischer Nutzer in die USA weitergibt – auch über das NSA-Programm Prism. Am 18. Juni wird ein Urteil erwartet.

Warum der Chef des größten sozialen Netzwerks der Welt und der Enthüller des größten Geheimdienstskandals aller Zeiten dieselbe Hackerethik teilen. Die Geschichte von Mark Zuckerberg, Edward Snowden und ihren Gemeinsamkeiten lesen Sie in der taz.am wochenende vom 14./15. Juni 2014. Außerdem: Wenn jedem alle Zimmer gehören. Das Leben in einer funktionalen WG mit Sexzimmer. Und: Wie gut ist die Löw-Elf auf die WM in Brasilien vorbereitet? Ein Deutschland-Spezial. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Der Macher-Imperativ

Auf den ersten Blick könnten Snowden und Zuckerberg also unterschiedlicher nicht sein. Während der eine von der amerikanischen Regierung verfolgt im Versteck in Russland sitzt, trifft Zuckerberg immer wieder den amerikanischen Präsidenten.

Trotzdem ticken Snowden und Zuckerberg fast identisch, argumentiert Johannes Gernert in der Titelgeschichte „Mark und Ed verändern die Welt“ der taz.am wochenende vom 14./15 Juni 2014. In einem Doppelporträt der beiden digitalen Revolutionäre beschreibt er die Ideologie, die beide vereint. Mark Zuckerberg bezeichnet diese Mentalität als „Hacker Way“. Auch die Adresse des Unternehmenssitzes ließ er so nennen: Hacker Way 1 in Kalifornien. Er zählt damit zu einer Generation von jungen Programmierern, die glaubten, dass das Internet die Welt verbessern würde. Eine Überzeugung, die auch Snowden teilte. Ihr Motto: Dinge lieber tun, statt darüber zu reden. Der Autor Steven Levy nannte das in seinem Buch „Hacker. Die Helden der Computerrevolution“ den Macher-Imperativ.

Levy skizziert die Überzeugung der frühen Hacker: Die weltweite Vernetzung werde eine Art globale Zivilgesellschaft schaffen, die die Mächtigen kontrolliert. Und in der jeder Erfolg haben könne, unabhängig von Herkunft, Rasse, Geschlecht oder Alter. Wer die beste Idee hat, setzt sich durch.

"Crazy smart": Rekrutierungsvideo der NSA

Wie Zuckerberg wuchs auch Snowden in einer Kleinstadt an der amerikanischen Ostküste auf, brachte sich als Jugendlicher selbst das Programmieren bei und brach die Universität ohne Abschluss ab. Auch er verließ sich statt auf traditionelle Abschlüsse lieber auf seine Intelligenz und seine Computerkenntnisse. Beide sind heute 30.

Sind es Menschen wie Snowden und Zuckerberg, die mit ihrer Hackerethik auf ganz unterschiedliche Arten in diesem Jahrzehnt das Netz prägen? Weiße, junge Männer aus den USA, die schnell denken und gut programmieren können?

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Sowohl Facebook als auch die NSA werben um diesen Typ Mitarbeiter. Das zeigen die Rekrutierungsvideos beider Unternehmen. Im Facebook-Video erzählt Mark Zuckerberg persönlich, dass es egal ist, wo du herkommst, was du gemacht hast, wie viel Erfahrung du hast – Hauptsache, du denkst „anders“ als die anderen, erkennst die Trends der Zukunft.

Auch die NSA hat ein Bewerbervideo, es trägt den Titel „crazy smart“ - „irre intelligent“ sollen die Leute sein, die für die NSA arbeiten. „Crazy“ wirkt darin vor allem die eine oder andere Frisur.

Die Botschaft ist ähnlich: Wir wollen die Besten der Besten. Leute, die „crazy smart“ sind, Ideen haben und sie umsetzen können. Bei der NSA steht der Hacker eben im Dienste des Vaterlandes und muss bereit sein, sich strengen Hierarchien unterzuordnen. Auch Edward Snowden hat das anfangs getan. Bis er sich entschloss, Millionen geheimer Dokumente öffentlich zu machen.

Was meinen Sie? Sind Snowden und Zuckerberg so etwas wie die zwei Seiten des Internets, seine beiden Gesichter? Und muss jeder Programmierer irgendwann die Entscheidung treffen, auf welche Seite er sich stellt? Oder ist das gar keine Entscheidung für einen echten Hacker, weil der ohnehin nie für Großkonzerne oder Geheimdienste arbeiten dürfte?

Diskutieren Sie mit!

Die Titelgeschichte „Mark und Ed verändern die Welt“ lesen Sie in der taz.am wochenende vom 14./15. Juni 2014.

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