Fahrzeug-Kennzeichnung: Die blaue Plakette bleibt ein Traum

Verkehrsminister Dobrindt setzt sich durch: Es gibt keine Fahrverbote für Diesel mit zu hohem Stickoxidausstoß. Das ärgert nicht nur Umweltschützer.

Ein Hinweisschild auf die Umweltzone in der Innenstadt von Hannover

In vielen deutschen Städten werden die EU-Grenzwerte für Luftschadstoffe überschritten Foto: dpa

BERLIN taz | In Osnabrück hatte man sich schon auf die Blaue Plakette gefreut. Denn die Stadt leidet unter einer hohen Konzentration von Stickoxiden (NOx) in der Luft. Mit der geplanten neuen Kennzeichnung von Fahrzeugen, die weniger als 80 Milligramm NOx ausstoßen, hätte sie alle anderen Autos verbannen dürfen.

Doch die Plakette ist „auf Eis gelegt“, wie Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth jetzt bestätigen musste. Das ärgert nicht nur Umweltschützer – in Osnabrück fühlt man sich blockiert. „Die Blaue Plakette würde unsere Probleme fast komplett lösen“, hatte Detlef Gerdts, Leiter des Bereichs Umwelt und Klimaschutz der Stadt, mehrfach erklärt, auch wenn sogar Busse der Stadtwerke nachgerüstet werden müssten: „Verschärfte Regelungen sind alternativlos.“

NOx gehören neben Feinstaub und Ozon zu den gefährlichsten Luftschadstoffen. In zu hoher Konzentration belasten sie die Atemwege und verschlimmern Asthmasymptome. Auch bei Nichtasthmatikern, insbesondere Kindern, können sie Anfälle auslösen. Auch Herz- und Kreislauferkrankungen sind mögliche Folgen. In Ballungsgebieten ist der Straßenverkehr die Hauptquelle, vor allem Dieselautos stoßen NOx aus.

Obwohl das bekannt ist, werden die EU-Grenzwerte in vielen deutschen Städten immer wieder überschritten – ein Grund dafür ist, dass ein Großteil der Diesel im Alltag mehr NOx ausstößt, als die Hersteller offiziell angeben. Die EU hat deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesregierung eingeleitet.

Dobrindt opponierte gegen Hendricks Pläne

Im April hatte die Umweltministerkonferenz von Bund und Ländern die Koalition deshalb aufgefordert, noch 2016 ein Regelwerk für eine Blaue Plakette zu erstellen. Diese sollten nur Fahrzeuge erhalten, die die Euro-6-Norm von weniger als 80 Milligramm NOx erfüllen, die seit September 2015 gilt. Laut Kraftfahrtbundesamt tut das derzeit nur ein Bruchteil der bundesweit 14,5 Millionen Dieselfahrzeuge. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) opponierte jedoch – ganz im Sinne der Automobilhersteller – vehement gegen die Pläne von Hendricks.

Mit Erfolg: Nun soll die Verkehrsministerkonferenz bis zum Herbst Alternativvorschläge ausarbeiten. „Wenn es ums Auto geht, kann die Lobby in Deutschland offenbar weiterhin alle Gesetze außer Kraft setzen“, kommentierte Greenpeace-Verkehrsexperte Andree Böhling.

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