Familienfreundliche Öffnungszeiten: Malern auch mal abends

Öffnungszeiten sind immer noch auf Hausfrauen ausgerichtet. Die gibt es aber immer seltener. Eine Hanauer Initiative kämpft für flexiblere Lösungen.

"Wir stellten fest, dass wir alle durchs Leben hetzen", sagt Frauenbeauftragte Meyer. Bild: stockwerk23 / photocase.com

BERLIN taz | Warum hat eigentlich der Kinderarzt genau dann offen, wenn alle an ihrem Arbeitsplatz sind? Warum bringt der Postbote die Päckchen, wenn garantiert keiner zu Hause ist? Und warum schließt der Kindergarten um zwei, wenn alle noch arbeiten? Schon lange beschäftigt Imke Meyer, Frauenbeauftragte der hessischen Stadt Hanau, sich mit solchen Zeitfragen.

1997 berief sie ein Frauenplenum ein: "Wir stellten fest, dass wir alle durchs Leben hetzen", erinnert sie sich heute. Imke Meyer ist am Montag nach Berlin gereist. Es treffen sich hier die "Lokalen Bündnisse für Familie": Menschen, die ebenso wie Imke Meyer neue Lösungen für die unterschiedlichen Zeittakte von Arbeit und Familienleben gesucht haben. 663 verschiedene Initiativen sind es nun, die unter diesem Label arbeiten, das 2004 die SPD-Familienministerin Renate Schmidt erfand.

2004, als Meyer gefragt wurde, ob ihre Initiative nicht ein "Bündnis für Familie" werden wolle, hatten sie und ihre Mitstreiterinnen schon eine Zeituntersuchung vorgelegt, die das gehetzte Gefühl der Frauen in Zahlen übersetzte. Wichtig, um gegenüber Arbeitgebern, Ärzten, Kitas und Behörden schlagkräftig argumentieren zu können. Glasklar zeigte sich: Das bisherige Zeitregime ist auf Vollzeit-Hausfrauen eingestellt, die Kinder hüten, Handwerkern und Postboten die Tür öffnen und ihre Vormittage beim Amt oder Arzt verbringen können. Aber die gibt es immer weniger.

Dann begann das Verhandeln: Mit der Handwerkskammer darüber, dass Handwerker auch mal am Abend kommen. Mit den Kinderärzten über elternfreundliche Praxisöffnungszeiten. "Wir suchten nach Zeitbrücken und Zeitinseln", beschreibt Meyer ihre Aktionen.

Die leidige Frage der Kinderbetreuung in den sogenannten Randzeiten, wenn Eltern schon oder noch arbeiten müssen, die Kita aber geschlossen ist, sprechen sie mit verschiedenen Stellen ab. Der Hanauer Technologiekonzern Heräus etwa gründet eine Betriebskita, die von 6.30 Uhr bis 18.30 Uhr offen hat. Telearbeitsplätze werden eingerichtet. Ein Seniorinnenservice wird ins Leben gerufen: Ehrenamtliche Ältere bringen Kinder zur Kita oder holen sie ab. Als der Öffentliche Nahverkehr seine Zeiten nicht umstellen will, richten sie Anruf-Sammeltaxis ein.

Stadtladen für Behördengänge

Um die Väter stärker in das Familienleben einzubinden, werden Vater-Kind-Angebote gemacht: Drachen bauen, im Museum ein Schlossgespenst suchen - und schon hat die Mutter eine Zeitinsel für sich, auch wenn sie eher in traditioneller Arbeitsteilung lebt.

Es sind viele kleine Ideen, die insgesamt Erleichterung bringen: Ein Bügelservice, die Bibliothek bringt online bestellte Bücher. In den Firmen kann abends Essen aus den Kantinen mitgenommen werden, damit zu Hause keiner mehr kochen muss. In einem "Stadtladen" kann man alle Behördengänge auf einmal erledigen.

Frauenministerin Kristina Schröder (CDU) freut's: "Der Spruch 'Zeit ist Geld' gilt nicht für das Familienleben", erklärte sie auf dem Treffen: "Der Takt des Berufslebens muss mit dem Rhythmus der Familie harmonisiert werden." Schröder verschweigt auch nicht, dass Eltern vor allem andere Arbeitszeiten wünschen: 60 Prozent der Väter würden gern weniger arbeiten, ein Drittel der Teilzeit arbeitenden Mütter dagegen lieber etwas länger. Doch die Schlussfolgerung daraus zieht nur Imke Meyer: "Wir bräuchten reduzierte Vollzeit für alle." Aber für dieses Projekt hat sie trotz aller Bündnisse noch keine Bündnispartner gefunden.

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