Familienreport des Familienministerium: Vätermonate senken die Scheidungrate

Der neue "Familienreport 2011" der Regierung, der der taz vorab vorliegt, stellt der Elternzeit ein gutes Zeugnis aus. Er fasst die aktuelle Forschung zusammen.

Engagierte Eltern machen auch die Kinder glücklich. Bild: dpa

BERLIN taz | Der deutsche Muttermythos verblasst. Das ist eines der Ergebnisse des "Familienreports 2011", den das Bundesfamilienministerium am nächsten Montag vorstellen wird – und der der taz jetzt schon vorliegt. Denn immer mehr Mütter steigen wieder in den Beruf ein, wenn ihr Kind ein oder zwei Jahre alt ist. 2010 waren es erstmals mehr als die Hälfte der Mütter mit Kindern ab zwei Jahren. Dabei halten sich vor allem die westdeutschen Mütter allerdings mit der Arbeitszeit zurück: 79 Prozent arbeiten Teilzeit. Im Osten dagegen arbeitet mit 53 Prozent die Mehrheit der Mütter von Kleinkindern in Vollzeitjobs.

Aufschlussreich sind die Arbeitszeiten, die sich viele Eltern wünschen: Immer mehr Väter können sich vorstellen, aus ihrer Ernährerrolle auszusteigen: 60 Prozent von ihnen würden gern weniger arbeiten. Die in Teilzeit arbeitenden Frauen dagegen streben zu 34 Prozent eine längere Arbeitszeit an. Das bisher dominierende "Ernährermodell mit Zuverdienerfrau" weicht also zunehmend einem Zweiverdienermodell.

Bemerkenswert ist auch die Einstellung der Kinder zur Berufstätigkeit ihrer Eltern. Im Gegensatz zu der Vermutung, dass Kinder eher konservativ denken und die Mama so lang wie möglich daheim haben wollen, geben 91 Prozent von ihnen an, "total froh" oder "eher froh" über die Erwerbstätigkeit der Mutter zu sein. 80 Prozent der Kinder sind trotzdem zufrieden mit der Zeit, die sie mit ihrer Mutter verbringen. Den Vater vermisst eine Mehrheit von 56 Prozent der befragten Kinder. Passend dazu haben 50 Prozent der Väter ein schlechtes Gewissen, weil sie zu wenig Zeit für die Kinder haben.

Ausbau der Kinderbetreuung zu begrüßen

Der Report, der die wichtigsten Studien des Jahres 2011 zusammenfasst, nimmt auch die zukünftige Entwicklung des Arbeitsmarktes in den Blick: In Anbetracht der demografisch bedingt sinkenden Zahl der Erwerbstätigen sei es zu begrüßen, dass mit dem Ausbau der Kinderbetreuung bis zu 461.000 Mütter, die zuvor keine oder keine passende Kinderbetreuung hatten, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen würden, sobald ihnen ein Betreuungsplatz zur Verfügung stehe. Gleichzeitig würden dann bis zu 975.000 Teilzeit arbeitende Mütter ihre Arbeitszeit ausweiten.

Berufliches Engagement fördert auch die Integration von Migrantinnen: Die Hälfte der Vollzeit arbeitenden Frauen mit Migrationshintergrund fühlen sich "gut integriert" - und nur ein Viertel der Migrantinnen, die nicht berufstätig sind.

Soziales Gefälle auch bei Kindern bemerkbar

Die Kinderbetreuung für unter Dreijährige wird bisher vor allem von reichen Eltern geschätzt: Kinder aus Familien mit höherem Einkommen besuchen etwa doppelt so häufig (35 Prozent) eine Kindertageseinrichtung wie Kinder ärmerer Familien (18 Prozent). Als Ursache dafür gibt der Report an, dass bei einem Krippenbesuch Kosten für Essen oder Ausflüge anfallen, die von den betroffenen Familien als weitere finanzielle Belastung wahrgenommen würden.

Ein soziales Gefälle macht sich auch bei der Förderung von Kindern bemerkbar: Gut 40 Prozent der reicheren Kinder sind in der Musikschule, 73 Prozent im Sportverein. Bei den Hartz-IV-Beziehern dagegen gehen nur 13 Prozent zum Musikunterricht, und lediglich 33 Prozent sind im Sportverein. Inwieweit das Bildungspaket für Geringverdiener, das rückwirkend zum 1. Januar 2011 beschlossen wurde, daran etwas ändert, lässt sich an diesen Zahlen noch nicht ablesen. 2,5 Millionen Kinder leben in Hartz-IV-Familien.

Überprüft wird auch die Wirkung des Elterngeldes: Nicht überraschend ist, dass die Verkürzung der Bezugsdauer gegenüber dem vorherigen Erziehungsgeld (das zwei Jahre lang gezahlt wurde) auf 14 Monate dafür sorgte, dass mehr Mütter wieder früher in das Erwerbsleben einsteigen.

Ehen mit arbeitenden Frauen sind stabiler

Signifikant ist der Einfluss der Väterzeit. Ihr Anteil wächst kontinuierlich, 2010 nahmen schon ein gutes Viertel der Väter Elternzeit. Diese führt zu einigen Veränderungen: Die Väter können danach den Betreuungs- und Hausarbeitsaufwand realistischer einschätzen. Sie sind stärker daran interessiert, ihre Arbeitszeit zu verkürzen oder familienfreundlicher zu arrangieren. Das väterliche Engagement wirkt sich zudem positiv auf die Beziehungsqualität aus.

In Schweden zeigte sich, dass Familien, in denen die Väter Elterngeld beim ersten Kind in Anspruch genommen haben, eine um 30 Prozent geringere Scheidungswahrscheinlichkeit haben als Familien, in denen Väter nicht in den Elternurlaub gegangen sind. Die Ehen sind auch stabiler, wenn die Frauen bald nach der Familiengründung wieder arbeiten. Die Vätermonate ermöglichen das offenkundig: Die Zahl der erwerbstätigen Mütter mit Partner in Elternzeit ist doppelt so hoch wie die von Müttern, die die Betreuung allein wuppen.

Zugleich zeigen Studien in den nordischen Ländern, dass engagierte Väter auch die Lust auf weitere Kinder fördert: Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Mutter ein zweites Kind bekommt, ist deutlich höher in Familien, in denen der Vater Elternzeit genommen hat.

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