Fast neun Monate nach Parlamentswahl: Regierungsbildung in Kosovo gescheitert
Die Partei von Regierungschef Albin Kurti verfehlte knapp die Mehrheit. Drohen dem Westbalkan-Land mit seiner instabilen Sicherheitslage nun Neuwahlen?
afp | Fast neun Monate nach der Parlamentswahl ist das Kosovo an der Bildung einer Regierung gescheitert. Die linksnationalistische Selbstbestimmungs-Partei (VV) des amtierenden Regierungschefs Albin Kurti erhielt am Sonntag lediglich 56 der benötigten 61 Stimmen im Parlament.
Kosovos Präsidentin Vjosa Osmani muss nun aufs Neue einen Regierungschef nominieren. Sollte erneut keine parlamentarische Mehrheit für eine Regierungsbildung gefunden werden, drohen dem Balkanstaat Neuwahlen.
Kurti warnte das Parlament vor der Abstimmung vor den Konsequenzen einer gescheiterten Regierungsbildung. Jeder Tag ohne eine neue Regierung sei „ein verlorener Tag für Entwicklung, für die Bürger, für den Staat“. Ohne eine Regierung riskiere das Kosovo, ohne Staatshaushalt Neuwahlen abzuhalten. Das gefährde wichtige staatliche Dienstleistungen wie Renten, medizinische Versorgung und Polizeiarbeit. „Ein Land ohne Haushalt ist ein Land, das sich nicht nach vorne bewegen kann“, sagte Kurti den Abgeordneten.
Unklar bliebt zunächst, ob Kurti erneut als Regierungschef vorgeschlagen würde, oder ob ein Oppositionskandidat mit der Regierungsbildung beauftragt wird. Kurti führt solange weiter die Regierungsgeschäfte.
„Es sieht danach aus, dass wir auf Neuwahlen zusteuern“
Kurtis Selbstbestimmungs-Partei hatte die Parlamentswahl im Februar gewonnen, jedoch die absolute Mehrheit verfehlt. Seitdem ist das kosovarische Parlament blockiert. Der Vorsitzende der oppositionellen Demokratischen Liga des Kosovo (LDK), Lumir Abdixhiku, warf Kurti vor, „das Kosovo acht Monate lang“ blockiert zu haben. „Es sieht danach aus, dass wir auf Neuwahlen zusteuern“, erklärte er.
Das Kosovo hatte sich 2008 für unabhängig von Serbien erklärt, knapp ein Jahrzehnt nach dem Kosovokrieg. Belgrad erkennt die Unabhängigkeit allerdings nicht an. Es kommt immer wieder zu Spannungen zwischen der Mehrheit der ethnischen Albaner und der serbischen Minderheit im Kosovo. Unter Regierungschef Kurti verschärften sich die Spannungen in den vergangenen Jahren.
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