Fehlfarben-Sänger Peter Hein: „Instrumental ist kacke“

Fehlfarben-Sänger Peter Hein sieht seine Songwriter-Arbeit pragmatisch: „Ein Lied braucht einen Text“. Der späte Punk über Fan-Trösten und das neue Album Glücksmaschinen“.

Die weißen Slipper passten leider nicht ganz ins Bild: Peter Hein. Bild: tapete records

Rocko Schamoni hat ihm sein Album „Der schwere Duft von Anarchie“ gewidmet und auf dem Fehlfarben-Jubiläums-Sampler „26 1/2“ gibt sich die Creme de la Creme der deutschsprachigen Szene die Klinke in die Hand. Selbst A-Promis wie Herbert Grönemeyer und Helge Schneider interpretieren darauf Heins Textkunst, für die er bekannt und beliebt ist.

Die Rede ist natürlich von Fehlfarben-Sänger Peter Hein. Die für Punk zu spät Geborenen konnten auf dem Fehlfarbenkonzert des BootBooHook-Festivals im letzten Sommer in Hannover eine Ahnung davon bekommen, wie das wohl damals gewesen sein muss, Ende der 70er.

Peter Hein hat für die romantische Wehmut darüber, Punk nicht miterlebt zu haben, allerdings wenig übrig: „Da muss man sich keinen Kopf machen, wegen solcher Sachen. Da könnte ich auch genauso sagen, dass ich total traurig bin, dass ich das psychedelischen ‚67 nicht mitgemacht habe oder die Beatzeit.“ Die Begeisterung für gewisse energiegeladene Zeiten wie Rock ‚n‘ Roll, Beat oder Punk ist wohl eher ein allgemeines Phänomen. Punk hebt sich da nicht sonderlich ab. Jugendkultur eben.

26. März Alter Schlachthof Lingen

27. März Music Hall Worpswede

28. März Übel&Gefährlich Hamburg

29. März Hirsch Nürnberg

30. März Backstage München

31. März Rockhouse Salzburg

01. April Szene Wien

02. April Schüür Luzern

03. April E Werk Freiburg

04. April Manufaktur Schorndorf

05. April Alte Mälzerei Regensburg

06. April Das Rind Rüsselsheim

07. April Luxor Köln

08. April Werk 2 Leipzig

09. April Festsaal Kreuzberg Berlin

10. April Zakk Düsseldorf

mehr auf www.fehlfarben.com

Hein selbst hat erstaunlicherweise eine geradezu musikfreie Jugend gehabt. Natürlich hat man „mit 16 mal ne blöde Platte“ zum Geburtstag gekriegt. Aber erst mit knapp 20 fing er an, sich Musik zu kaufen: „als ich mein eigenes Geld verballern konnte.“ Dann gab‘s aber auch erstmal die älteren Sachen, die billig waren, Beat und Rock ‚n‘ Roll, allerdings ohne äußerliche Konsequenzen. Die kamen später mit den ersten Punk-Singles, die Hein sich zunächst aus rein optischen Gründen zugelegt hat, obwohl der Inhalt natürlich genauso passte.

Inspiriert von den Bildern aus dem NME hat dann auch er angefangen, sich „schick zu machen“. Der Punk Janie J. Jones (benannt nach einem Clash-Song) war geboren und damit hatte Hein „Musik am Arsch“ - die der anderen und die eigene. Fehlfarben ist heute die bekannteste Band, in der er mitgewirkt hat und dies immer noch tut.

Die Songtexte des Peter Hein sind etwas ganz Besonderes. Mittlerweile gibt es sie auch in Buchform, erschienen im Lilienfeld Verlag. Hein selbst sieht das ganz pragmatisch: „Man hat da ‚ne Arbeit abzuliefern, ein Lied braucht einen Text. Ich finde Instrumentalmusik ziemlich kacke, also möchte ich keine abliefern. Deswegen schreibe ich Texte.“ Er arbeitet dabei nur unter Druck. Wenn eine Platte ansteht, werden Texte gemacht, sonst nie. Und auch dann geht das Ganze ziemlich unprätentiös über die Bühne: „Ich hör mir morgens drei Stunden nochmal die Songs an, quetsch die Worte drauf und dann wird das nachmittags eingesungen.“ Genialität und Simplizität liegen offenbar sehr nah beieinander.

Seinen Einfluss auf viele deutschsprachige Musiker kann er sich selbst nicht erklären. Hein findet seine Texte zwar schon besser, als die von Bands wie Silbermond. Überschwänglichen Glorifizierungen steht er eher unbeholfen gegenüber: „Ich hab das ja nicht gewollt und wenn dann jemand vor dir steht und sagt, Du hast mein Leben verändert, dann weiß ich nicht, was ich machen soll. Trösten, oder was?“ Auch künstlerische Seelenverwandtschaften sind seine Sache nicht: „Mir reicht das, wenn ich mit denen ganz blöd gesagt locker an der Theke stehen kann, und man muss nicht nur Blödsinn schwätzen, aber man darf auch Blödsinn schwätzen.“

Das neue Album „Glücksmaschinen“ erscheint auf dem Hamburger Label Tapete Records, ausgerechnet in der Stadt, die in Heins Buch „Geht so - Wegbeschreibungen“ nicht sonderlich positiv wegkommt. Für Peter Hein ist das kein relevantes Kriterium. Die Beziehung zum Label ist geschäftlicher Natur. „Wir machen ein Produkt und das Label will das verkaufen. Warum soll man sich da mehr als nötig auf die Nerven gehen.“

Der Titelsong „Glücksmaschinen“ thematisiert das Dilemma, im Alter seine eigenen Ideale der Jugend nicht mehr treu sein zu können. Aber was macht man als Punk mit 50? Wie kann ein konsequenter Lebensentwurf aussehen, ohne dass man in die Falle tappt, später genau der gleiche Spießer zu sein, wie die anderen? Peter Hein, der sein Leben lang bei der Firma Rank Xerox gearbeitet hat und dem offenbar trotzdem nicht das Negativ-Image des „Feierabendpunks“ anhaftet, weiß darauf die einfache Antwort: „Sich mit weniger zufrieden geben und als Ausgleich nach wie vor Sachen machen können, die man sonst nicht macht, wie z.B. zweckfrei Blödsinn verzapfen.“

Bei Rank Xerox wurde er nach 27 Jahren entlassen, seither lebt Hein als Künstler und zum Geldverdienen kümmert er sich um die Steuersachen anderer Leute. Einer „normalen Arbeit“ neben seiner künstlerischen Tätigkeit nachzugehen, war für Peter Hein offensichtlich nie ein Problem. Seine Musik ist ihm zu wichtig, als dass sie ihn ernähren können muss.

In seinen Texten prangert Hein oft Missstände an, die nicht unbedingt aber auch mit ihm zu tun haben. Und was bedeutet Glück für ihn? Pause. „Wenn das angeprangerte Private doch funktioniert und wenn ab und zu der richtige Verein gewinnt.“ Fortuna!

Fehlfarben: Glücksmaschinen. Erschienen bei Tapete Records

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