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Fifa-Friedenspreis für Donald TrumpInfantino zieht von Katar zum Kotau

Kommentar von

Johannes Kopp

Bei der Auslosung für die WM 2026 wird der US-Präsident vom Fifa-Präsidenten hofiert. Eine groteske Veranstaltung, die Beifall findet – selbst vom DFB.

Friedenspreisträger Trump lauscht der Laudatio von Gianni Infantino Foto: Jia Haocheng/ap

C uraçao wird erster deutscher Gruppengegner bei der kommenden Fußball-Weltmeisterschaft, und US-Präsident Donald Trump erhält den eigens für ihn vor einem Monat erfundenen Fifa-Friedenspreis. Liebhaber der Groteske dürfen sich über die Gegenwart wahrlich nicht beschweren. Wer hätte sich das vor wenigen Jahren noch vorstellen können?

Und obwohl alle Indizien vor der Auslosung im Kennedy Center darauf hindeuteten, dass Fifa-Präsident Gianni Infantino die weltweite Aufmerksamkeit dafür nutzen würde, um aus Trump einen Friedensapostel zu machen, hatten sich viele noch Restzweifel erlaubt. Kann der Fifa-Präsident so schamlos sein? Er kann.

Der Fifa-Abend in Washington bot reichlich Irrwitziges. Wie Infantino mit den Entertainer-Qualitäten eines Dorffestunterhalters das gediegene Publikum zur grölenden Stadionatmosphäre animieren wollte, damit sie im Chor jeweils USA, Kanada und Mexiko skandierten, war schon schräg. Die von Robbie Williams und Nicole Scherzinger gesungene noch recht junge Fifa-Hymne „Desire“ („Würde für die Schwachen in den Armen der Tapferen …“) war es sowieso. Skurril ist sicherlich auch, dass der neue klobige Fifa-Friedenspreis, der im Weißen Haus gewiss einen Ehrenplatz erhalten wird, wie ein Handballpokal aussieht.

Besonders bizarr wirkte die Szene, als Infantino den Repräsentanten der Co-Gastgeber, der mexikanischen Präsidentin Claudia Sheinbaum und dem kanadischen Premier Mark Carney, Statistenplätze auf der Bühne zuwies, um dann Trump zu sagen, er könne tun, was er wolle. Hatte Infantino noch vor der umstrittenen WM in Katar seinen Wohnsitz nach Doha verlegt, wird sein derzeitiges Zuhause zu Recht im Allerwertesten des US-Präsidenten verortet.

Friedenshilfe von der Fifa

Gewiss wird sich Infantino ärgern, dass der spätere Hinweis von Trump, er habe als US-Präsident auch Kriege beendet, die noch gar nicht ausgebrochen gewesen seien, nicht schon in seiner Laudatio auf den Fifa-Friedenspreisträger aufgetaucht war. Beendet hatte er diese mit einem Angebot: „Herr Präsident, sie können immer mit meiner Unterstützung rechnen, mit der Unterstützung der ganzen Fußballwelt, wenn sie Frieden auf die Welt bringen wollen.“ Sitzt Infantino bald mit am Verhandlungstisch, wenn über das Schicksal der Ukraine entschieden wird?

Man kann sich leicht in dieser Fifa-Groteske verlieren. Mit der Beschreibung des Absonderlichen ist es aber nicht getan. Gianni Infantino ist kein schräger Vogel, der aus dem Rahmen fällt. Er wird vom globalen Fußballsystem getragen. Als der Fifa-Präsident vor wenigen Wochen den neuen Friedenspreis vorstellte, ohne zu sagen, wer nach welchen Kriterien über die erste Vergabe bestimmen wird, hat das keinen vernehmbaren Protest ausgelöst, auch nicht beim größten nationalen Verband, dem Deutschen Fußball-Bund. Dass künftig Zaw Zaw, der Fußballpräsident von Myanmar, dem noch nicht zusammengekommenen Gremium vorstehen soll, das über die Vergabe des Friedenspreises entscheiden soll, hat ebenso wenig vernehmbaren Unmut ausgelöst. Der 59-jährige Unternehmer stand wegen seiner Nähe zur Militärjunta in Myanmar lange Zeit auf der Sanktionsliste der USA und der EU.

Und vermutlich gab es für den Friedenspreisträger Trump in Washington auch Applaus aus der Ecke mit der DFB-Delegation. „Im Namen von Milliarden Fußballfans“ hat Infantino am Freitag Donald Trump gewürdigt und erntet dafür bislang keinen offenen Widerspruch, obwohl sich der Weltverband in seinen Statuten der politischen Neutralität verpflichtet hat. Mit der gleichen Unterwürfigkeit, mit der Infantino Trump begegnet, begegnen der DFB und viele andere Fußballverbände Infantino, auch weil er die Gewinnausschüttungen verlässlich größer werden lässt. Unproblematisch scheint deshalb auch zu sein, dass Trump im eigenen Land Städten mit WM-Entzug droht, die nicht seiner politischen Agenda folgen.

Nach der WM 2022 in Katar kam der DFB zu dem Schluss, dass er und andere europäische Partner sich mit ihrem Einsatz für Menschen- und Minderheitenrechte und Diversität innerhalb des Weltverbandes isoliert hatten. Man verordnete sich selbst Zurückhaltung, weil der Ertrag des Engagements zu gering eingeschätzt wurde. Drei Jahre später stützt der DFB durch Schweigen den Kurs von Fifa-Präsidenten Infantino, sich unter die Anhänger eines US-Präsidenten zu reihen, die hierzulande vor allem in der AfD zu finden sind. Spaltung und Polarisierung wird vorangetrieben, weil man lieber nicht erneut unangenehm auffallen will. All das sollte bei dieser Fifa-Groteske nicht vergessen werden.

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taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
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14 Kommentare

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  • Infantino hat von Anfang an mit der klebrigen, korrupten Schmierenkomödie weiter gemacht, wo Blatter aufgehört hat. Insofern ist es nur logisch, dass er mit der Strategie eines Arschkriechers weiter macht.



    Das korrupte FIFA-System ist seit Jahrzehnten bekannt, doch alle wollen mitverdienen. Darum begehrt niemand auf.



    Gezinkte Brot und Spiele wie in der Antike…

  • Der Gipfel der Lächerlichkeit ... und eines unglaublichen Mangels an Selbstachtung. Wenn man so viel Kohle hat wie Infantino, sollte man solche Gesten eigentlich nicht nötig haben ...



    ... oder doch?! Dann ist Infantino ebenso lächerlich wie Trump selbst.

  • Das opportunistische Gehabe der DFB Granden wird aber noch getopt von Heidchen Klum, der mit Sicherheit komplett egal war, was für eine Schmierenshow sie da moderiert. Allein die Vorstellung, mich in einem Raum mit diesen Narzissten zu befinden, erzeugt bei mir schon Schüttelfrost.

  • Lese direkt über der Kommentar-Eingabe den Buchtitel "Was wäre, wenn wir mutig sind?" von Luisa Neubauer (habe es nicht gelesen).



    Nun, es gäbe keinen Trump (als Regierungsform) und keine korrupte Fifa unter dem Gentleman Infantino..

  • Wann gibt es wieder in Kneipen und Gaststätten einen Boykott? Was anderes als Fußball also? Weil was die USA abzieht, wie die FIFA den Stiefellecker spielt, ist schon mit den Menschenrechtsverbrechen auf der arabischen Halbinsel gleichzusetzen.

  • Jetzt wird öffentlich zelebriert, was vor 2000 Jahren unter dem Begriff "Panem et circenses" firmierte.



    Rechte Politiker und der Schaumschlägerfeudalismus aus Film und Sport.



    Leider haben unsere Linken sich immer nocht nicht darauf eingestellt, dass hier die Wirkmacht größer ist als bei der Geschichte vom Klassenkampf. Ein neues Narrativ muss her.

    • @BS:

      Wobei Trump und Infantino die Spiele nicht wirklich selbst verantworten, sondern sie für sich ausnutzen - und Brot oder sonst etwas bekommt auch niemand von ihnen, außer den Superreichen. So unverschämt wie diese Leute waren nicht einmal die Cäsaren.

      • @Ulrich Hartmann:

        Im mafiösen Profifußball gibt es mehr als zwei die sich da die Taschen vollmachen. Die Zwei perfektionieren es nur gerade. Und der Spruch bezieht sich darauf, das sich mit billigem Brot ( Bürgergeld) und Spielen (Fußball-WM usw.) der "gemeine Pöbel" bei Laune halten lässt und nicht aufmuckt. Man merkt, dass das nach 2000 Jahren noch funktioniert.

  • Eigentlich ist eine Fußball-WM eine schöne Sache, aber dieser ganze Irrsinn drumherum vergällt einem den Spaß. Diese Infatino-Trump-Schmonzette, dieses wachsweiche Hände-vor-Gesicht-No-to-Racism-T-Shirt-tragende Millionarioteam, das auf erstes Zurufen sofort jede Moral fürs Geld fahren lässt, dieser ganze Lesebrille-auf-Glatze-Neumann-Oliver-Bierhoff-Philipp-Lahm-Mist, diese Sandro-Wagner-Matthäus-Mediengrütze lässt einen oft denken: warum soll ich den Mist eigentlich einschalten? Man macht es Ende ja doch, aber nur noch eine Minute vor Anpfliff, in der Halbzeit aufs Klo und Bier holen und direkt nach Schlusspfiff abschalten.



    Entweder Hirn abschalten und jeden Mist für den Fußball in Kauf nehmen (da ist der DFB auf gutem Weg) oder einfach nicht teilnehmen am großen Irrsinnszirkus (das ist ausgeschlossen, angesichts des Gehaltsgefüges in Frankfurt). Aber Trumphuldigung, Peinlichkeit und dümmliche Kommentare der üblichen immer gleichen Protagonisten, boah, neee.

  • „Infantino zieht von Katar nach Kotau"



    Und fast alle ziehen mit. Igitt!

    • @StarKruser:

      Seit Jahren. Infantino hat ja schon den Roten Stern und den Krummdolch - mal sehen, was Trump ihm bei der WM schenkt.

      • @Joachim Kappert:

        Das Privileg, ihm die Füsse zu küssen?

    • @StarKruser:

      So trocken, wie Sie das hier bringen,



      Ich musste schon um Fassung ringen,



      Bei soviel medialem Schreck



      Blieb mir erst mal die Spucke weg.



      Der Atem schließlich auch mir stockt,



      Ich fühle mich wie ausgeknockt.



      Dann kommt jetzt wieder der Boykott,



      Die Entscheidung, sie fiel ganz flott.

    • @StarKruser:

      Ein wahren Reimer und kein Loser,



      der dicknasige StarKruser.