Filmkritik eines Insiders: „Carlos war sehr dominant“

Bald kommt der Film „Carlos – der Schakal“ ins Kino. Thomas Kram kannte Carlos, dessen Terror-Kommando 1975 die Opec-Konferenz in Wien stürmte. Jetzt spricht er erstmals über ihn.

Einem Revolutionär wäre das wohl nicht passiert – die mochte Carlos angeblich. Bild: verleih

Wenn er jemanden für einen Revolutionär hielt, dann sei Carlos solidarisch und verantwortlich gewesen, erzählt Thomas Kram im sonntaz-Interview. Kram selbst war Mitglied der "Revolutionären Zellen" (RZ), ein militantes Netzwerk, das in Deutschland von den 70er Jahren bis in die 90er Jahre Anschläge verübte. Carlos beschreibt er folgendermaßen: „Er war politisch gut geschult und sehr eloquent, war aber auch sehr bestimmend, sehr dominant.“

Mehrere Male traf Kram nach dem Opec-Anschlag auf Carlos sowie Johannes Weinrich und Hans-Joachim Klein, RZ-Mitglieder und Teil des Wiener Terror-Kommandos. Sie hatten mit ihren Geiseln 1975 einen Flug aus Österreich erpresst und wurden erst Jahre später festgenommen. Besonders der bei dem Anschlag schwer verletzte Klein sei in dem Film idealisiert dargestellt, kritisiert Kram. „Klein hat nach seiner Verhaftung 1998 entgegen allem, was er zuvor beteuert hat, nicht lange gezögert, einen früheren Mitstreiter schwer zu belasten um seine eigene Situation zu verbessern.“

Lange ist in Deutschland über die genauen Zusammenhänge zwischen den RZ und der Terrorgruppe um Carlos spekuliert worden. Kram erklärt jetzt, wie wenig einzelne Mitglieder der RZ in den 70er Jahren darüber wussten, dass sich einige von ihnen dem internationalen Terrorismus zugewandt hatten.

Nachdem Wilfried Böse und Brigitte Kuhlmann aus den RZ bei der Flugzeugentführung im ugandischen Entebbe 1976 getötet worden waren, gab es laut Kram mäßigende Stimmen innerhalb der Gruppen: "Es gab vorübergehend zwei RZ-Gruppierungen, die sich in der praktischen Reaktion auf das, was nach Entebbe passieren sollte, unterschieden. Das blieb allerdings ein theoretischer Streit, weil die wüsten Vergeltungspläne der einen Fraktion durch die andere zum Glück verhindert wurden", sagt Kram.

Warum er den Film als Anregung sieht und die Frauen des Terrorkommandos mehr waren als Fanatikerinnen mit Verführungskünsten, erzählt Kram im Kultur-Interview der aktuellen sonntaz. Der Film "Carlos – der Schakal" kommt am 04.11. in die Kinos.

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