Filmmuseum Potsdam: Neustart am Alten Markt

Nach anderthalb Jahren Renovierung öffnet das Filmmuseum in Potsdam wieder seine Pforten. Mit neuer Direktorin, neuem Konzept und neuem Programm.

Alles neu macht der Mai im Filmmuseum Potsdam. Bild: dpa

Wenn man das neu zurechtgemachte Foyer des Filmmuseums Potsdam betritt, ist zunächst nicht zu erahnen, was sich hier in den letzten Monaten und Jahren abgespielt hat. Die Wände sind hell gestrichen, eine weite Fläche über der Treppe kann fortan mit Beamerprojektionen bespielt werden, altes Filmgerät steht hinter einer blitzblanken meterhohen Glaswand. Nur die Aufsteller im Museumsshop wirken noch verdächtig leer.

Ein Missstand, der allerdings bis Samstag behoben sein soll. Denn dann öffnet das Filmmuseum im Marstall des Stadtschlosses erneut seine Türen, nachdem es im März 2013 aufgrund von Bau- und Sanierungsmaßnahmen schließen musste. Seit Juli sind diese nun beendet; sie haben rund 2,5 Millionen Euro gekostet und läuten eine neue Ära ein.

Die letzte, die Ära Dalichow, ging 2013 „in aller Stille“ zu Ende, wie die Potsdamer Neuesten Nachrichten schrieben. Bärbel Dalichow, 23 Jahre lang als Museumsdirektorin geschätzt, hatte sich kurz vor Beginn der Bauarbeiten in den Vorruhestand verabschiedet – ohne großes Trara zwar, doch einen kessen Abschiedsgruß hat sie sich nicht nehmen lassen: „Weil das Museum für ein Jahr schließt, sind alle Mitarbeiter gemeinsam mit mir aus dem Marstall ausgezogen. Während sie andere Aufgaben übernehmen, werden sie auch Zeit finden, über die Zukunft ihres Hauses nachzudenken“, so die ehemalige Direktorin. Und weiter: „Meine Nachfolgerin/mein Nachfolger kann 2014 unbeschwert beginnen – in einem frisch sanierten Haus und mit durch die unverhoffte Abwechslung erquickten Mitarbeitern.“

Seit 2011 war die Stimmung im Filmmuseum angespannt. Mit dem Beschluss des Kulturministeriums, das Filmmuseum mit der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf – bis Juli 2014 „Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf“ – zu fusionieren, fürchteten Mitarbeiter, aber auch Filmschaffende nicht nur um die Unabhängigkeit der renommierten Institution Filmmuseum, sondern auch um die ein oder andere Stelle.

Zur Wiedereröffnung beginnt im Filmmuseum Potsdam am Samstag, 25.10.14, um 14 Uhr die Familienausstellung "Marco Polo", angelehnt an gleichnamige Kinderzeichentrickserie. Mit dabei sind die Produzenten und Synchronsprecher.

Am Abend um 19 Uhr beginnt dann die Feier. Im Mittelpunkt stehen die Stummfilmperformance der "43 Characters" und eine Party im Säulensaal des Kutschstalls am Neuen Markt.

Den Schwerpunkt des Filmmuseums bildet die Dauerausstellung "Traumfabrik - 100 Jahre Film in Babelsberg" über die Geschichte der Filmstadt. Außerdem beherbergt das Museum Wechselausstellungen wie "Marco Polo" oder "Marmor Stein und Eisen - ein Jahrgang HFF". Zum Museum gehört auch ein Programmkino.

Das Filmmuseum Potsdam befindet sich im Marstall des Stadtschlosses in der Breiten Straße 1A in Potsdam. Tram Alter Markt. (taz)

Was auf der einen Seite als Zwangsehe empfunden wurde, klang aus dem Mund von Kulturministerin Sabine Kunst hingegen schon viel besser: Von „wichtigen Synergieeffekten“ war da die Rede, oder dem Filmmuseum als „Forschungsmuseum“.

Tatsächlich wird die Debatte jetzt nicht mehr so kontrovers geführt. Das Filmmuseum Potsdam eröffnet dieser Tage als An-Institut der Filmuniversität, die Verschmelzung beider Institutionen ist auf dem Papier geglückt. Nun soll der Theorie Praxis folgen.

Neue Direktorin

Das wird auch die Aufgabe von Ursula von Keitz sein. Die Filmwissenschaftlerin wird nicht nur mit der Leitung des Filmmuseums betraut, sondern trat zum Wintersemester auch eine Professur an der Filmuniversität an: „Filmforschung und Filmbildung im Museum“ im Studiengang Medienwissenschaft.

Somit beginnt das neue Kapitel im Filmmuseum Potsdam für von Keitz vielleicht nicht ganz so „unbeschwert“, wie es Bärbel Dalichow ihrer Nachfolgerin gewünscht hatte, doch von Keitz zeigt sich optimistisch. Zudem weiß Michael Wedel, wissenschaftlicher Leiter des Instituts „Filmmuseum Potsdam“, diejenigen, die sich wegen etwaiger Arbeitsüberlastung der neuen Direktorin sorgen, zu beruhigen: Die „Doppelfunktion“ sei vielmehr als eine „Brückenfunktion“ zu verstehen.

Wenig Zweifel dürfte es daran geben, dass Ursula von Keitz eine geeignete Besetzung für den neuen Universitäts-Museums-Komplex ist. Die gebürtige Regensburgerin hat über das Weimarer Kino promoviert, lehrte zuletzt als Professorin an den Universitäten Konstanz und Bonn, war außerdem stellvertretende Direktorin des Deutschen Filminstituts (DIF) in Frankfurt am Main, und ist Initiatorin des DFG-Forschungsnetzwerks „Erfahrungsraum Kino“. Darüber hinaus ist sie Leiterin des DFG-Langzeitvorhabens „Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland 1945–2005“.

Ursula von Keitz bringt Expertise in den Marstall und nach Babelsberg. Eigene Interessen wie den Dokumentarfilm möchte sie in den kommenden Jahren auch im Filmmuseum stark machen. Sie plant eine Ausstellung zum Thema „Tanz und Film“, und dann kommen 2017 schon „100 Jahre UFA“ – „Filmkultur ist eben auch Anlasskultur“, bemerkt von Keitz.

Einem akuten Anlass, nämlich dem 60. Geburtstag der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf, trägt schon die Eröffnung der Foyerausstellung „Marmor Stein und Eisen – ein Jahrgang HFF“ Rechnung. Die Schau befindet sich, wie Kuratorin Renate Schmal trocken erklärt, „zwischen Marco Polo und Toilette“, und ist ein interessantes, auf zwölf Meter Länge komprimiertes Porträt des Jahrgangs 1978–1982. Künftig sollen die kleinen, häufig wechselnden Foyerausstellungen in enger Kooperation mit den Studenten der Filmuniversität erarbeitet werden. Und somit geben diese paar Meter im ersten Stock vielleicht als Erstes Kunde von dem vollzogenen Zusammenschluss und seinen Synergieeffekten.

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