Finale US-Eishockey-Liga NHL: Gefürchtete Dreierbande

Im Finale des Stanley Cups gegen die Chicago Blackhawks vertraut Tampa Bay Lightning auf seine multinationale Angriffsreihe.

Zwei Eishockeyspieler jubeln

Zwei der drei Erfolgsstürmer von den Tampa Bay Lightning: Nikita Kucherov und Ondrey Palat. Foto: ap

Auf dem Messegelände von Tampa ist schwer Betrieb. Aktuell veranstalten Schulen aus der Umgebung in der großen Messehalle ihre Abschlussfeiern. Ab dem Wochenende wird eine Waffenmesse stattfinden, danach eine Rassehundeschau.

Auch am 7. Oktober 1992 platzte die sogenannte Expo Hall aus allen Nähten. 10.425 Menschen füllten die ausverkaufte Halle, um dabei zu sein beim allerersten Spiel von Tampa Bay Lightning. Die Ankunft des Profieishockeys im stets warmen Rentnerparadies Florida war auch sportlich ein voller Erfolg: 7:3 gewann der nigelnagelneue Klub damals gegen einen traditionsreichen Gegner, die Chicago Blackhawks, die seit 1926 in der NHL spielen.

Knapp 23 Jahre später ist Eishockey dort zwar endgültig angekommen, aber wenn sich Chicago und Tampa Bay Mittwochnacht zum ersten Finalspiel um den ruhmreichen Stanley Cup gegenüberstehen, fühlt sich die Begegnung immer noch ein wenig so an wie alter Adel gegen neureiche Verwandtschaft. Ein Charakter, den auch die beiden Mannschaften spiegeln: Die Blackhawks sind ein erfahrenes, um nicht zu sagen altes Team, dessen Kern schon 2010 und 2013 den Titel gewinnen konnte.

Eine Mannschaft, die vor allem in der Defensive brilliert. Nur ein anderes Team ließ weniger Tore zu in der abgelaufenen Saison. Auf der anderen Seite Tampa Bay Lightning mit einem sehr jungen Kader, aus dem kein einziger Akteur schon dabei war beim damals sensationellen ersten und einzigen Stanley-Cup-Triumph 2004. Die ungestümen Lightning waren die offensivstärkste Mannschaft der regulären Saison.

Exemplarisch für die Mannschaft aus dem Süden steht die zweite Angriffslinie der Lightning. Tyler Johnson, Nikita Kucherov und Ondrej Palat werden nur noch die „Triplets Line“ genannt. Die „Drillinge“ verbindet vor allem das unglaubliche Tempo auf dem Eis, mit dem sie überfallartige Angriffe fahren. „Wir bewegen uns gut, wir können eben Schlittschuh laufen“, sagt Johnson, „wir haben unseren Spaß“. Der 24-jährige Amerikaner, der 21-jährige Russe Kucherov und der 24-jährige Tscheche Palat ergänzen sich auf dem Eis perfekt. „Ich weiß genau, wo die anderen beiden auf dem Eis sind“, sagt Palat.

Junge Himmelsstürmer

Der linke Außenstürmer ist das Arbeitstier der Linie, der, so Kollege Kucherov, „große Wühler“ an der Bande. Palat erobert die Pucks, die der hochveranlagte Center Johnson und der technisch nicht minder beschlagene Kucherov, der die rechte Seite beackert, dann verwerten. „Er spielt, als wäre er besessen“, sagt Johnson über Palat, der beim Draft vor vier Jahren erst an 208. Stelle ausgewählt wurde und seitdem eine erstaunliche Karriere hingelegt hat. Er ist der Motor, er prägt den Charakter der Linie, die Lightning-Chefcoach Jon Cooper zu einem gewagten Vergleich verleitet: Seine jungen Himmelstürmer würden die Gegner nerven wie „unangenehme Stechmücken“.

Dabei spielen Johnson, Kucherov und Palat erst seit wenigen Monaten zusammen. Ende Oktober war Cooper wegen Verletzungen gezwungen, seine Linien umzustellen. Seitdem mischen die Drillinge die Liga auf. Von den 55 Toren, die Tampa in den Play-offs bislang insgesamt erzielt hat, haben die drei allein 28 geschossen. Dazu kommen noch einmal 27 Assists.

Diese sagenhafte Ausbeute wurde möglich, weil ihr Coach ihnen unübliche Freiheiten gestattet. Selbst in den Play-offs, in denen alle Teams die defensive Intensität noch einmal verstärken, darf die multinationale Dreierbande improvisieren. In einer NHL, in der die taktische Disziplin zunehmend das Spiel zu ersticken droht und immer weniger Tore fallen, sind die hochgelobten Stechmücken eine Erinnerung an vergangene, spektakulärere Zeiten.

Sogar für Gegner, die unter ihnen zu leiden haben: „Die drei spielen immer noch so, wie in der ganzen Liga vor zehn Jahren gespielt wurde“, sagt Dan Boyle, Verteidiger von den New York Rangers, die im Halbfinale gegen Tampa Bay Lightning ausgeschieden waren. „Das ist schon erfrischend, das zu sehen.“

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