Finanzanlagen als Altersvorsorge: Sparer zahlen drauf

87 Prozent der Finanzprodukte von Banken sind für Anleger ungeeignet. Das zeigt eine neue Studie. Früher wurden die Kunden besser beraten.

Die große Mehrheit ist überfordert, das richtige Produkt fürs Sparschwein auszuwählen Bild: dpa

BERLIN taz | Sparer verlieren viel Geld, weil ihnen Banken und Versicherungen ungeeignete Produkte verkaufen. 87 Prozent der aktuellen Angebote erwiesen sich als nicht bedarfsgerecht, wie die Verbraucherzentralen in einer neuen Studie ermittelt haben. In 73 Prozent der Fälle war der Grund denkbar schlicht: Die Verwaltungs- und Abschlusskosten waren zu hoch.

Für die Untersuchung wurden insgesamt 298 Beratungsgespräche ausgewertet, die die Verbraucherzentralen in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Hamburg geführt haben.

Im Mittel besaßen die Ratsuchenden ein Vermögen von 121.095 Euro. Die allermeisten Sparer wollten für ihr Alter vorsorgen: Dieses Ziel gaben 68 Prozent an. Doch die große Mehrheit ist überfordert, das richtige Produkt auszuwählen. So sagte nur jeder Siebte von sich selbst, dass er wisse, wie Lebens- und Rentenversicherungen funktionieren.

Dieses verbreitete Unwissen hat den Vertrieb der Versicherungsbranche bisher nicht behindert – im Gegenteil. In Deutschland kommen auf 80 Millionen Einwohner rund 93,2 Millionen Lebensversicherungsverträge. Doch die meisten Bundesbürger überblicken nicht, was sie selbst besitzen. Um es in der technischen Prosa der Verbraucherschützer auszudrücken: „Die Daten zeigen, dass die Kenntnisse der Verbraucher über Anlageprodukte durchgängig hinter deren Verbreitung zurückblieben.“

Überhöhte Gebühren

Das Unwissen der Verbraucher wird von Banken und Versicherern laut Verbraucherzentralen ausgenutzt, um überhöhte Gebühren zu verlangen. Vor allem die Riester-Verträge schneiden katastrophal ab. Sie sind allesamt – also zu 100 Prozent – zu teuer.

Auch naheliegende Ratschläge werden von den Banken nicht immer erteilt: So ist es oft am rentabelsten, erst einmal alle Kredite zurückzuzahlen, bevor man irgendwelche Finanzprodukte kauft. Doch erstaunlicherweise hatten 29 Prozent der Verbraucher, die Tipps für die Vermögensanlage suchten, noch ein Darlehen, das sie bedienen mussten.

Da sich die normalen Sparer „nicht auf Augenhöhe mit ihren Beratern“ bewegen, fordern die Verbraucherschützer einen staatlichen Altersvorsorgefonds, der bei der Deutschen Rentenversicherung oder der Deutschen Bundesbank angesiedelt werden könnte. Einen derartigen Staatsfonds gibt es bereits in Schweden. Er verwaltet die Beiträge seiner Bürger kostengünstig und sorgt für eine breite Risikostreuung.

Für ihre Studie haben die Verbraucherschützer nicht nur die neuen Angebote der Banken und Versicherungen bewertet, sondern auch die schon bestehenden Finanzanlagen der Ratsuchenden untersucht. Bei diesen bereits laufenden Verträgen waren nur 42 Prozent nicht bedarfsgerecht.

Dass die bestehenden Verträge besser abschneiden, liegt jedoch nicht daran, dass in der Vergangenheit besser beraten worden wäre. Stattdessen schlägt nur zu Buche, dass bei den meisten Verträgen die Provisionen in den ersten zehn Jahren anfallen. Sobald diese Kosten abbezahlt sind, ist es nicht mehr sinnvoll, aus den Verträgen auszusteigen und das Geld anderweitig anzulegen. Anders ausgedrückt: Die vergangenen Verluste sind nicht mehr hereinzuholen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.