Finanzen von Frauen: Lasst euch nicht ablenken!

Finanzwissen für Frauen liegt im Trend. Haushaltsbücher und Aktiensparpläne sollen Altersarmut verhindern. Nur wer kann sich das leisten?

Comiczeichnung einer Frau, die auf einem mit Geldscheinen bedeckten Boden liegt

Vorsicht: „Reichtum macht einsam“ – Armut aber auch Foto: rogistok/imago images

Will man als Frau bekommen, was einem zusteht, dann gehört zu all dem, was man so tun soll, auch: sehr früh an die Rente denken. Das kann man sich in letzter Zeit in immer mehr Podcasts erzählen lassen. In Ratgeberartikeln. In Büchern.

Man soll ein Haushaltsbuch führen, früh Geld sparen, am besten ETFs kaufen (Aktienfonds, in die alle ihr Geld stecken, seit Sparbücher nichts mehr bringen). Vor allem aber soll man „negative Glaubenssätze über Geld“ loswerden, schreibt Natascha Wegelin, die sich Madame Moneypenny nennt („Reichtum ist ungerecht“; „Geld macht nicht glücklich“; „Reichtum macht einsam“).

Diese veränderte Perspektive soll helfen, einen Haufen Geld zu sparen. Damit man nicht als alte Frau in den Gender Pension Gap fällt, also weniger hat als die alten Männer. Dass unsere Rente mickrig ausfallen wird, wissen wir. Man kann sich auch genau erzählen lassen, wie viel man bräuchte. Ich zum Beispiel soll bis nächstes Jahr, da werde ich 30, 52.000 Euro haben, las ich bei t-online.

Neulich war ich an der U-Bahn, weil ich wohin fahren wollte. Dort habe ich meine Nachbarin getroffen, eine ältere Frau. Die wollte aber nirgendwohin fahren, sie schaute in die Mülleimer. Es war das Klischee: Alte Frau kommt nur mit Pfandflaschensammeln durch. Und es tat weh, zuzuschauen. Hatte sie kein Haushaltsbuch? Hätte sie die Perspektive ändern sollen? Glaubte sie, „Reichtum macht einsam“ – und merkt deshalb jetzt, dass Armut einsam macht?

Wissen ist nicht haben

Kümmert euch um euer Geld, raten sie einem. „Nur die Machtlosen leben in einer Geldkultur und wissen nichts über Geld“, zitiert Madame Moneypenny die Frauenforscherin Phylliss Chesler. Aber: Man kann sehr viel über Geld wissen und trotzdem wenig haben. Weil man wenig Gehalt bekommt. Oder weniger als die Kollegen. Weil man nichts erbt, Teilzeit arbeitet. Für so, wie es ist, macht das schon alles Sinn – gerade weil sich so lange so wenig Frauen um Geld gekümmert haben.

Auch ich habe mir neulich notiert: Altersvorsorge organisieren. Ausrufezeichen. Aber es sollte uns nicht davon ablenken, dass es auch anders sein könnte. Ab 2021 bekommen etwa 1,3 Millionen Menschen mit einer niedrigen Rente extra Geld – die Grundrente. Die meisten unter ihnen werden Frauen sein. Wer Teilzeit arbeitet, weil er:sie sich um ein Kind kümmert, kann bis zu drei Jahre davon für die Rente geltend machen. Das sind gute Anfänge. Aber es reicht nicht.

Von einem Sozialstaat kann man erwarten, dass jede:r nach 40 Jahren Arbeit und Steuern gut leben kann – völlig egal, wie seine:ihre „Glaubenssätze“ waren. Von dieser Selbstverständlichkeit ausgehend könnten wir über vernünftige Lösungen sprechen: wie faire Renten auch für die möglich werden, die nicht 40 Stunden arbeiten. Weil sie Kinder erziehen, Eltern pflegen, ehrenamtlich arbeiten – oder einfach ein bisschen das Leben genießen wollen.

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Susan Djahangard arbeitet von Hamburg aus als freie Journalistin. Für die taz schreibt sie vor allem die Kolumne "Sie zahlt" über Feminismus, Geld und Wirtschaft.

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