Finanzspekulationen in Österreich: Zocken im Salzburger Sumpf

Eine Salzburger Beamtin hat mit öffentlichem Geld in Milliardenhöhe gezockt. Das Geld ist wieder da, aber ein Landesrat ist nicht mehr zu halten.

„So lang war meine Karriere“ – David Brenner, SPÖ. Bild: dapd

WIEN taz | Die Landesregierung von Salzburg kann aufatmen: Sie hatte befürchten müssen, dass ihr die abenteuerliche Spekulation einer Beamtin bis zu 340 Millionen Euro Verlust eingebracht hätte. Nun gibt es offenbar sogar einen kleinen Gewinn. Das erklärten Finanzlandesrat David Brenner und ein Expertenteam nach fünfwöchiger Recherche. Trotzdem bleibt ein immenser politischer Flurschaden – die Geldgeschäfte der Länder und Gemeinden werden nun neu reguliert.

„Entgegen allen Befürchtungen gibt es keinen Fehlbetrag, sondern ein leichtes Plus von 74 Millionen Euro“, steht im Prüfbericht, den Brenner den Abgeordneten des Salzburger Landtags vorlegte. Das galt jedenfalls für den Stichtag 31. Dezember 2012.

Der 42-jährige Shootingstar der Salzburger SPÖ, der als Nachfolger von Landeshauptfrau Gabi Burgstaller aufgebaut war, kann aber seinen Kopf nicht mehr retten. Er hatte vor Weihnachten schon angekündigt, dass er als politisch Zuständiger die Konsequenzen zieht und Ende Januar zurücktritt. Auch die Koalition mit der ÖVP ist zerrüttet, voraussichtlich im Mai wird es Neuwahlen geben.

Was der Prüfbericht offenlegt, ist eine seit mehr als zehn Jahren geübte Praxis hochriskanter Veranlagung von Steuergeldern einerseits und Krediten, die das Land eigens dafür aufnahm, andererseits. Anfang Dezember hatte die Beamtin Monika R. auf drohende Verluste aufmerksam gemacht. In der SPÖ sprach man von einem Geständnis. Frau R. hat offenbar Unterschriften gefälscht, um Finanzberichte zu schönen, doch kann niemand glauben, dass sie jahrelang ohne politische Rückendeckung mit Milliarden jongliert haben soll.

Was bleibt unterm Strich?

Brenner zeigte sich überrascht über das Ausmaß der Spekulation und gab zu, dass er viele der jetzt aufgedeckten Geschäfte gar nicht verstehe: Es ging um Derivatgeschäfte, bei denen etwa auf die türkische Lira, den russischen Rubel oder die indonesische Rupiah gewettet wurde. Aus manchen dieser Deals komme man gar nicht so schnell raus, warnen Finanzexperten; eine Frist von 18 Monaten erscheine realistisch. Daher ist nicht sicher, ob am Ende nicht doch ein Verlust übrig bleibt.

Sicher ist, dass die Länder künftig stärker von der Bundesfinanzierungsagentur überwacht werden. Auch dem Land Niederösterreich drohen hohe Wettverluste. Das Spekulieren mit Derivaten soll Ländern und Gemeinden verboten werden, darauf haben sich Bund und Länder geeinigt. Auch die Buchführung wird modernisiert. In Salzburg und den meisten anderen Bundesländern arbeitet man noch mit der kameralistischen Ausgang/Eingang-Verbuchung, während in der Geschäftswelt längst die doppelte Buchführung Standard ist, die mehr Transparenz bietet.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.