Floorball in Berlin: Raus aus der Nische

Floorball, die neue Trendsportart - eine Mischung aus Eis- und Hallenhockey - findet immer mehr Anhänger. Ein Europa-Turnier am Wochenende sollte ein bisschen Werbung machen.

Funktioniert auch auf Hallenparkett: Hockey. Bild: dpa

Kein Geld, keine Halle, kaum Medienpräsenz. Floorball hat es wirklich nicht einfach. Dabei boomt die Mannschaftssportart wie verrückt. Auch in Berlin findet das Eishockey in der Sporthalle immer mehr Anhänger. Über 500 Spieler schießen bereits in acht Vereinen den Plastikball mit Schlägern auf Tore. Und täglich werden es mehr. Mit der BA Tempelhof stellen die Berliner Floorballer sogar einen etablierten Herren-Bundesligisten, der die vorige Saison auf Rang vier beendete. "Ich bin optimistisch, dass sich die Bedingungen für unseren Sport auch in Berlin bald verbessern werden. Wir haben es uns einfach verdient", erklärt Jan Kratochvil, Flügelstürmer bei den Tempelhofern.

Für zusätzlichen Rückenwind sollte das am Wochenende in der Werner-Seelenbinder-Halle ausgetragene Turnier "Berlin Floorball Open" sorgen. 16 Vereinsmannschaften aus ganz Europa sind für zwei Tage nach Berlin angereist, um ihren Sieger auszuspielen. Sie kamen aus den Floorball-Hochburgen in Tschechien (Bohemians Prag), Finnland (Grankulla IFK), Norwegen (Øya IBK) oder der Schweiz (Grasshopper Zürich). Zum Finale am Sonntagnachmittag trafen Grasshopper Zürich auf Vitkovice aus Tschechien - Letztere gewannen 6:5. Die Gastgeber aus Tempelhof schieden bereits in der Zwischenrunde aus, waren aber nicht sonderlich traurig darüber "Für uns ist das ein gutes Ergebnis. Wir stecken ja noch mitten in der Saisonvorbereitung zur Bundesliga", erklärte der Coach der Tempelhofer, Timo Krone.

Ehemals hieß es Unihockey

Auch an diesem Wochenende wurde Krone oft auf seine Sportart angesprochen. Und nicht selten musste er Floorball noch einmal gründlich erklären. "Es ist schnell, dynamisch, preiswert und leicht zu erlernen", charakterisiert der Trainer sein ambitioniertes Hobby. Gespielt wird Floorball, diese Mischung aus Eis- und Hallenhockey, auf einem 40 mal 20 Meter großem und von einer kniehohen Bande umrandetem Feld. Pro Team treten fünf Feldspieler, ausgestattet mit Kunststoffstöcken, sowie ein Torhüter gegeneinander an. Die Keeper müssen ohne Stöcke agieren und Schutzkleidung tragen. Kein Wunder, denn ein geübter Floorballer ballert den 23 Gramm leichten Plastikball schon mal mit einer Geschwindigkeit von 200 Stundenkilometern auf das generische Tor.

Bis vor zwei Jahren nannte sich die Sportart in Deutschland übrigens noch Unihockey. "Das führte aber zu jeder Menge Missverständnissen", so der 27-jährige Stürmer Kratochvil. Die Sportart ist zwar an den deutschen Universitäten stark verbreitet. Doch Unihockey stand ja eigentlich für "universelles Hockey". Schließlich taufte man sich auf den international üblichen Namen Floorball um.

Geholfen hat es wenig. Die Floorballer fühlen sich auch in Berlin weiterhin unterschätzt. Nicht alle nehmen die Sportart für voll. "Manche titulieren sie abschätzig als Plastikhockey", sagt Krone. Gleichzeitig haben die Floorballer ihre Außenseiterrolle sorgsam gepflegt und sich in der Nische Trendsportart ganz gut eingerichtet. Nicht anders als einstmals die Beachvolleyballer, die BMX-Radfahrer oder die Snowboarder, die es mittlerweile alle ins olympische Programm und damit ins profitable Sportestablishment geschafft haben. "Ja, das könnten unsere Vorbilder sein", gibt Kratochvil zu.

Keine feste Spielstätte

Das Berliner Turnier, eine Art Champions League des Floorballs, wurde auch deshalb als Lobbymaßnahme für den aufstrebenden Sport verstanden. Die Tempelhofer sind es leid, noch keine feste Spielstätte gefunden zu haben. Lange trainierten sie auf das ganze Stadtgebiet verteilt. Selbst ihre Bundesligaspiele richteten sie an unterschiedlichen Orten aus. Für die kommende Spielzeit wurde dem Team als Übergangslösung eine Trainings- und Spielstätte in einer Nebenhalle der Max-Schmeling-Halle zugewiesen. "Die teilen wir uns mit Alba Berlin und den Füchsen. Dass wir da nicht die erste Geige spielen, ist logisch", so Kratochvil.

Immerhin stehen die Berliner Floorballer kurz vor der Aufnahme in den Landesportbund Berlin (LSB). "Das ist nur noch Formsache. Dann wird sich die Situation für die Berliner Vereine schnell und nachhaltig verbessern", ist der Pressesprecher des Deutschen Floorballverbandes, Mathias Liebing, überzeugt. Durch die Institutionalisierung ihres Sports erhoffen sich die Berliner nicht nur das Ende ihres leidigen Hallenproblems. Sie versprechen sich zudem eine finanzielle Entlastung durch diverse LSB-Zuschüsse. Bisher zahlten die Spieler des Bundesligisten BA Tempelhof die Auswärtsreisen aus eigener Tasche. "Da sind in einer Saison schon mal bis zu 1.000 Euro weg, damit du überhaupt antreten kannst", rechnet Coach Krone vor. Zustände wie in einer Randsportart, als die Floorball sich doch schon längst nicht mehr definiert.

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