Fluchtwelle im Sudan: Hunderttausende Zivilisten ohne Schutz

Immer mehr Menschen im Sudan fliehen vor den Angriffen der Armee in der Provinz Süd-Kordofan. Hilfswerke aber haben kaum Zugang zu den Flüchtlingen.

Aus Angst vor dem Krieg: Die Zahl der Flüchtlinge im Sudan ist unüberschaubar. Bild: dpa

BERLIN taz | Die sudanesische Provinz Südkordofan ist wieder Kriegsgebiet, so wie in den schlimmsten Zeiten des eigentlich 2005 beendeten Südsudankriegs. Neue schwere Luftangriffe des sudanesischen Militärs meldet das UN-Koordinierungsbüro für humanitäre Hilfe (Ocha) auf die Nuba-Berge, deren Bevölkerung während des Kriegs auf Seiten von Südsudans Rebellen gegen die Zentralregierung in Khartum kämpfte.

Die Mehrheit der Bevölkerung der Provinzhauptstadt Kadugli sei auf der Flucht vor Gefechten mit schwerer Artillerie. Die Zahl der Flüchtlinge und Vertriebenen lässt sich nur schwer ermitteln, da Hilfswerke kaum Zugang zu den Kampfgebieten haben und viele Mitarbeiter evakuiert werden mussten. Die Luftangriffe richten sich gezielt gegen Flugpisten, kritisierte am Mittwoch der Sprecher der UN-Mission im Sudan (Unmis), Kouider Zerrouk.

"Viele der 1,4 Millionen Bewohner der elf Bezirke, aus denen Kämpfe gemeldet werden, sind betroffen", erklärt Ocha. "Eine unbekannte Anzahl von Menschen soll sich in den Nuba-Bergen versteckt haben." 27.000 Menschen aus Kadugli waren nach Angaben des katholischen Hilfswerks Caritas nach Kauda in den Nuba-Bergen geflohen, bevor auch dort am Dienstag Bomben fielen.

Der seit fast zwei Wochen währende neue Krieg in Südkordofan überschattet inzwischen den Konflikt um die zwischen Nord- und Südsudan umstrittene Grenzregion Abyei, der bereits den Prozess der friedlichen Loslösung Südsudans als eigener Staat an den Rand des Scheiterns gebracht hat. Im Mai hatte Nordsudans Armee Abyei eingenommen, rund 100.000 Südsudanesen sind aus der Region geflohen.

1.500 äthiopischen Soldaten als Friedenstruppe

Verhandlungen zwischen den beiden sudanesischen Teilregierungen in Addis Abeba, Hauptstadt des benachbarten Äthiopien, brachten zwar zunächst eine Annäherung und am Wochenende ein Vorabkommen über eine Entmilitarisierung Abyeis und die Stationierung von 1.500 äthiopischen Soldaten als Friedenstruppe. Doch die Gespräche sind seitdem zusammengebrochen, weil der Norden Bedingungen für den Rückzug seiner Soldaten aus Abyei stellt.

Südsudans Armeesprecher Philip Aguer meldete am Mittwoch den Ausbruch neuer Kämpfe an Abyeis Grenzfluss Kiir, bei denen fünf nordsudanesische Soldaten getötet worden seien. Außerdem sind mehrfach Luftangriffe auf Ziele im südsudanesischen Bundesstaat Unity, südlicher Nachbar Südkordofans, gemeldet worden.

Südsudans Vizepräsident Riek Machar hat jetzt die Einrichtung einer UN-überwachten Pufferzone zwischen Nord- und Südsudan gefordert. Er traf sich am Dienstag mit Vertretern der Vetomächte im UN-Sicherheitsrat. Der muss in den nächsten Wochen - ab Anfang Juli unter deutschem Vorsitz - sowohl die Aufnahme Südsudans in die Vereinten Nationen nach der für den 9. Juli geplanten Unabhängigkeitserklärung, als auch die Konsequenzen für die UN-Mission Unmis organisieren. Riek Machar warnte, in Südkordofan drohten "ethnische Säuberungen", und in Abyei sei "ein Genozid im Entstehen".

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