Flüchtlinge aus Syrien: Festung Europa bleibt verschlossen

Trotz nahenden Winters wird die EU keine Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen. Priorität habe die Hilfe vor Ort, meint EU-Kommissarin Georgieva.

Diese Frau kann erst einmal bleiben wo sie ist, meint die EU-Kommissarin: Flüchtlingslager in Syrien. Bild: dapd

BERLIN taz | Der nahende Winter könnte die humanitäre Krise in Syrien und in den Nachbarstaaten verschärfen. Darauf wies die EU-Kommissarin für humanitäre Hilfe, Kristalina Georgieva, am Dienstag in Berlin hin. Gleichzeitig lehnte sie eine Aufnahme von Syrien-Flüchtlingen in EU-Mitgliedstaaten ab. Das hatten deutschen Außenpolitiker und Menschenrechtsorganisationen zuvor gefordert.

„Es ist dringend notwendig, jetzt die Herausforderungen zu thematisieren, die mit Einbruch des Winters aufkommen“, sagte Georgieva. Außer Notunterkünften würden vor Ort Medikamente und Nahrungsmittel gebraucht. Jedoch mangele es an finanziellen Mitteln. Vor allem Russland und die arabischen Ländern seien nun gefragt, mehr Unterstützung beizusteuern, so Georgieva. Die Lasten müssten unter den Geberstaaten gleichmäßig verteilt werden.

Nach Angaben der Kommissarin haben die EU-Mitgliedstaaten gemeinsam mit der Kommission knapp 215 Millionen Euro bereitgestellt, um Notleidenden in Syrien und den Nachbarstaaten zu helfen. Dies mache knapp die Hälfte der Hilfsmittel aus. Die EU sei damit der bislang größte Geber. Deutschland hatte in der vergangenen Woche angekündigt, seine finanzielle Hilfe für Flüchtlinge aus Syrien auf 55 Millionen Euro aufzustocken.

Eine humanitäre Aufnahme von Syrien-Flüchtlingen lehnte die Kommissarin ab. Priorität habe die Hilfe in Syrien selbst sowie in den Nachbarstaaten. UN-Angaben zufolge sind 1,2 Millionen Menschen innerhalb Syriens auf der Flucht; rund 350.000 Syrer sind in den Nachbarstaaten als Flüchtlinge registriert.

„Nicht nur die Herzen und Geldbeutel“

Zwar sei es wichtig, „nicht nur die Herzen und Geldbeutel offen zu halten, sondern auch die Grenzen“, sagte Georgieva. Der Zeitpunkt für eine humanitäre Aufnahme sei jedoch noch nicht gekommen. Wann ein solches Programm notwendig werde, ließ die Kommissarin offen.

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisierte die Äußerungen der Kommissarin. „Eine Aufstockung der Gelder ist richtig, Geld allein reicht aber nicht“, sagte Marei Pelzer, rechtspolitische Referentin bei Pro Asyl. „Wir fordern ein sofortiges Aufnahmeprogramm.“

Auch Außenpolitiker der im Bundestag vertretenen Fraktionen haben sich für eine humanitäre Aufnahme von Syrien-Flüchtlingen in Deutschland ausgesprochen. Zuletzt hatte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), Bund und Länder aufgefordert, konkret zu prüfen, wie eine Aufnahme ermöglicht werden könne. Die Bundesregierung zögert jedoch. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sagte, das Schweigen der Bundesregierung in der Flüchtlingsfrage sei „schäbig und unverantwortlich“.

Georgieva betonte, dass ein humanitäres Aufnahmeprogramm für Flüchtlinge aus Syrien vom Willen der Mitgliedstaaten abhänge. Am Donnerstag wollen die EU-Innenminister in Luxemburg darüber diskutieren. Eine Entscheidung erwarte sie jedoch nicht, sagte Georgieva.

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