Flüchtlinge in Europa: Ungarn schließt letzte Lücken im Zaun

In der Flüchtlingskrise findet die EU keinen gemeinsamen Nenner. Nächster Termin: Anfang Oktober. Ungarn schafft derweil weitere Fakten.

Zwei Männer befestigen Stacheldrahtrollen auf einem Zaun

Letzte Arbeiten im ungarischen Röszke. Foto: Ralf Leonhard/taz

BRÜSSEL/BUDAPEST dpa | Nach Schließung des letzten freien Durchgangs bei Röszke an der ungarisch-serbischen Grenze ist dort in der Nacht zum Dienstag Ruhe eingekehrt. Diesen 40 Meter breiten Durchgang hatten in den vergangenen Wochen Zehntausende Flüchtlinge genutzt.

Der rechtsnationale Ministerpräsident Viktor Orban hatte vorher seinen Grenzschützern gesagt, sie würden nunmehr durch ihren Dienst die westeuropäische Wertordnung und Ungarns kulturelle Identität schützen. Die Flüchtlinge seien Wirtschaftsmigranten, betonte er erneut.

Nur noch mehrere hundert Flüchtlinge begehrten in der Nacht zum Dienstag an der ungarisch-serbischen Grenze friedlich Einlass. Sie wurden an einen regulären Grenzübergang an einer Landstraße bei Röszke verwiesen und dort in kleinen Gruppen zu den Grenzbeamten vorgelassen, berichteten ungarische Medien. Helfer begannen, ihre Zelte abzubauen. Auch die Polizei verringerte die Zahl ihrer Einsatzkräfte.

Ungarn brachte bis zum Inkrafttreten der verschärften Gesetze zum Grenzübertritt systematisch Flüchtlinge an die Westgrenze. Das räumten György Bakondi, Orbans Sicherheitsberater, sowie Regierungssprecher Zoltan Kovacs in der Nacht zum Dienstag in einer gemeinsamen Pressekonferenz in Röszke an der ungarisch-serbischen Grenze ein.

Keine Einigung in der EU

In Ungarn gilt illegaler Grenzübertritt ab sofort als Straftat. Am Dienstag trat ein entsprechendes Gesetz in Kraft, dessen Ziel es ist, die Zahl der einreisenden Flüchtlinge zu verringern. Bei illegalem Grenzübertritt drohen jetzt Haft oder Abschiebung. Bisher hatte diese Tat nur als Ordnungswidrigkeit gegolten.

Eine endgültige Entscheidung über die umstrittene Verteilung von 160.000 Flüchtlingen auf die EU-Staaten ist vertagt worden. Beim nächsten Treffen am 8. Oktober wollen die EU-Innenminister erneut darüber beraten. Bisher blockieren immer noch einige Staaten wie etwa Ungarn eine einvernehmliche Lösung.

Bei einem siebenstündigen Krisentreffen konnten sich die Minister nur grundsätzlich auf die Zahl einigen, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nach dem Treffen. Ein verbindlicher Verteilschlüssel, wie die EU-Kommission ihn vorgeschlagen hatte, fehlt aber bisher.

„Wir haben heute erreicht, dass wir eine politische Zustimmung zur Verteilung von 160.000 Flüchtlingen bekommen“, bilanzierte de Maizière. „Wir haben noch nicht erreicht die Festlegung auf die Quoten und die Verfahren im Einzelnen.“

Verbindliche Quote für 40.000

Die EU-Kommission kritisierte den Beschluss. „Wir haben nicht die Vereinbarung erzielt, die wir haben wollten“, sagte EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos. Mit Blick auf den jüngsten Vorschlag seiner Behörde zur Verteilung von weiteren 120.000 Flüchtlingen fügte der aus Griechenland stammende Kommissar hinzu: „Eine Mehrheit der Mitgliedstaaten ist bereit voranzugehen, aber nicht alle.“

Über die bereits im Mai von der Kommission vorgeschlagene Umsiedlung von 40.000 Flüchtlingen gibt es hingegen eine verbindliche Absprache der EU-Staaten. Die Verteilung soll nach Worten von Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn unmittelbar beginnen.

Dies soll Ungarn, Griechenland und Italien entlasten, wo viele Schutzsuchende ankommen. Neben Ungarn sind Polen, Tschechien und die Slowakei gegen eine Pflichtverteilungsquote, wie sie die EU-Kommission vorschlägt.

Die EU-Staaten arbeiten auch an einer Liste sicherer Herkunftsländer, in die Flüchtlinge abgeschoben werden können. Auf dieser Liste sollen die sechs Westbalkanstaaten stehen, aber nicht die Türkei, sagte Asselborn. Er verwies in diesem Zusammenhang auf den Kurdenkonflikt.

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