Flüchtlinge in Turnhallen: Die nächste Zwischenlösung

Bremens Landessportbund kritisiert den Plan, Flüchtlinge in Sportstätten unterzubringen. Menschenunwürdig sei das – und eine Bedrohung für die Vereine.

In Bremen soll es privater zugehen: Dortmunder Turnhalle als Flüchtlingsunterkunft Bild: dpa

Als „menschenunwürdige Zumutung“ bezeichnet der Landessportbund (LSB) die geplante Unterbringung von Flüchtlingen in Turnhallen. Außerdem läge in der möglichen Fremdnutzung der Hallen eine „existenzielle Bedrohung für die Sportvereine“, so eine von sieben Vereinsvorsitzenden gezeichnete Stellungnahme vom Mittwoch. Der LSB reagierte damit auf entsprechende Prüfungen des Senats.

Die sollen im Laufe der kommenden Woche abgeschlossen werden, heißt es im Sozialressort. Im Gespräch sind unter anderem die Hallen am Kifkenbruch und am Grohner Schulhof. Gesucht wird nach insgesamt ein bis zwei Gebäuden für je 50 bis 70 BewohnerInnen – als Puffer für den Fall steigender Flüchtlingszahlen, bevor Containerbauten zur Verfügung gestellt werden könnten. Und das dauert: Zunächst müssen die jeweiligen Beiräte über die Errichtung entscheiden, anschließend ein Bauantrag gestellt und die Container dann auch geliefert werden. Wegen großer Nachfrage vergehen derzeit acht bis zehn Wochen bis zur Lieferung.

Der LSB verweist darauf, dass durch die Fremdnutzung der Hallen nicht nur die Vereine, sondern auch soziale Projekte betroffen seien: Integrative Projekte für MigrantInnen etwa, oder Sport für Menschen mit Behinderung vom Martinsclub. Dort allerdings sprach man von einem grundsätzlichen Platzproblem, das nicht unmittelbar mit Flüchtlingen zu tun habe.

„Solche sozialen Aspekte werden auch in den aktuellen Prüfungen berücksichtigt“, sagt David Lukaßen, Sprecher des Sozialressorts. Weitere Kriterien seien die baulichen Verhältnisse der Anlagen, ihre Anbindungen und die Frage, ob sich bereits andere Flüchtlingseinrichtungen in der Umgebung befänden. Ebenso die Besitzverhältnisse: Einige Hallen haben private Träger, andere gehören der Stadt. Aber selbst wenn private Gebäude „notbelegt“ werden sollten, würden die Eigentümer dafür entschädigt.

Verstehen kann Lukaßen die Sorgen trotzdem. Raum für Flüchtlinge müsse irgendwo geschaffen werden und natürlich bedeute das Einschränkungen für andere. Weniger Verständnis hat er allerdings für die moralische Argumentation des LSB: „Eine Unterbringung in Turnhallen, wie derzeit in der Bardowickstraße, ist sicher nicht menschenunwürdig“, sagt er.

Diese Halle in der Vahr und die ihr angeschlossenen Container werden seit Ende vergangenen Jahres von Flüchtlingen genutzt – mit Trennwänden für Privatsphäre, Gemeinschaftsräumen und sozialen Angeboten in Zusammenarbeit mit der Nachbarschaft. Die prüfenden Behörden, so Lukaßen, würden alles dafür tun, die Unterbringung so human wie unter diesen Umständen möglich zu gestalten.

Auch Marc Millies vom Flüchtlingsrat fordert, die Themen unabhängig voneinander zu diskutieren. Natürlich hätten Sportvereine das Recht, ihre Interessen zu vertreten – die Frage von Massenunterkünften habe damit allerdings nichts zu tun und sei ein grundsätzliches Problem. Der Flüchtlingsrat fordert seit Jahren, privaten Wohnraum für die MigrantInnen zu schaffen. „Wir sind froh, dass uns die Behörden inzwischen zuhören.“ Die steigenden Flüchtlingszahlen seien aber seit Jahren bekannt und der jetzige Notstand wäre vorhersehbar gewesen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.