Flüchtlinge: Warm verzweifeln am Lageso

Nach Weihnachten warten vor dem Berliner Amt Flüchtlinge, die teils seit Wochen kein Geld bekommen haben.

Diese drei Flüchtlinge aus Afghanistan haben noch Hoffnung Foto: DPA

Über die Feiertage war es ruhig geworden vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso). Vier Tage war das Amt in Moabit geschlossen. Auch zwei Tage nach dem verlängerten Wochenende hielt sich der Ansturm in Grenzen. 399 Flüchtlinge seien am Montag angekommen – vergleichsweise wenig, wie Sascha Langenbach, Sprecher der Senatsverwaltung für Soziales, der taz mitteilte.

Christine Beckmann von „Moabit hilft“ berichtet dagegen von einem großen Andrang nach Weihnachten. Die ehrenamtlichen HelferInnen der Initiative rechnen damit, dass sich die Lage auch im neuen Jahr weiter zuspitzt. Viele Flüchtlinge hätten seit Wochen kein Geld erhalten. „Wir treffen jeden Tag hungernde Menschen“, sagt Beckmann. Mehreren Familien habe sie bereits Lebensmittelgutscheine von Netto und Lidl im Wert von zehn oder zwanzig Euro gegeben. Eine Frau aus der Nachbarschaft habe für die Flüchtlinge gekocht.

Auch für das kommende Jahr sieht Beckmann kein Land. Viele Flüchtlinge seien obdachlos. Vor allem den bevorstehenden Minusgraden blickt sie mit großer Sorge entgegen. Zwar ist das Lageso laut Langenbach mit fünf Wärmezelten, einer beheizten Turnhalle und einer Containeranlage auf die Kälte vorbereitet. „Ich verstehe aber nicht, warum die Wärmezelte als große Errungenschaft gefeiert werden“, sagt Beckmann. Der einzige Unterschied sei, dass die Flüchtlinge nun im Warmen verzweifelten.

Die Sozialverwaltung wies die Kritik zurück. Zwar seien Termine verschoben worden, die Menschen würden jedoch in den Notunterkünften versorgt. Wer sich in Gemeinschaftsunterkünften selbst versorge und deshalb dringend Hilfe brauche, werde bevorzugt. Die Terminvergabe laufe inzwischen nach Dringlichkeit ab.

„Wenn sich nichts ändert, gibt es im nächsten Jahr die ersten Suizidfälle unter den Flüchtlingen“, fürchtet dagegen Beckmann. Auch sorgen sich die HelferInnen um das Überleben der vielen Härtefälle. Nur zehn Härtefälle dürften pro Tag gemeldet werden, gerade einmal fünf bis sechs davon würden bearbeitet. Derzeit gebe es jedoch täglich rund fünfzig bis sechzig Härtefälle. „Ein Nierenversagen oder eine Epilepsie zählen unter diesen Umständen nicht mehr dazu“, so Beckmann.

Insgesamt 78.530 Menschen sind laut Senatssozialverwaltung 2015 in Berlin angekommen. 54.462 Flüchtlinge habe die Stadt bisher aufgenommen. Das sind 42.235 Menschen mehr als im Vorjahr. Auch im kommenden Jahr sei mit einem anhaltenden Zustrom zu rechnen.

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