Flüchtlingsdrama vor Italien: Trauerfeier ohne Überlebende

In der sizilianischen Stadt Agrigent wurde den Toten des Schiffsunglücks vor Lampedusa gedacht. Die Überlebenden durften nicht teilnehmen. Ihnen blieb nur der Protest.

Blumenkränze für die ertrunkenen Flüchtlinge. Bild: dpa

AGRIGENT afp | Die Trauerfeier für die 366 Opfer der Flüchtlingskatastrophe von Lampedusa hat am Montagnachmittag im sizilianischen Agrigent ohne die Überlebenden des Unglücks stattgefunden. Überlebende und zum Teil Angehörige der Toten hatten morgens auf Lampedusa mit einem Sitzstreik und bei einem Besuch im Rathaus vergeblich versucht, doch noch teilnehmen zu können. Am Nachmittag warfen sie Blumenkränze ins Mittelmeer vor Lampedusa.

Bei der multikonfessionellen Zeremonie auf Sizilien waren Regierungsmitglieder wie Innenminister Angelino Alfano zugegen. Auch Integrationsministerin Cécile Kyenge und Verteidigungsminister Mario Mauro waren anwesend. Hunderte in Italien und Europa lebende Eritreer reisten in Bussen an. Von den 155 Überlebenden der Katastrophe vom 3. Oktober durften jedoch dutzende nicht teilnehmen.

Aus Protest blockierten die größtenteils aus Eritrea stammenden Flüchtlinge den Eingang ihres Auffanglagers auf Lampedusa. Gleichzeitig wurde eine Flüchtlingsdelegation im Rathaus empfangen.

Die Überlebenden warteten nach ihren eigenen Aussagen seit mehr als zwei Wochen darauf, die Umgekommenen in einer Zeremonie betrauern zu können. Etwa 200 Todesopfer wurden bereits auf den Friedhöfen von Agrigent und Umgebung bestattet.

Lampedusas Bürgermeisterin boykottierte die Trauerfeier

Nach dem Ende der einstündigen Trauerfeier in Agrigent kam es zu Protesten gegen Innenminister Alfano von der rechtskonservativen Partei Volk der Freiheit (PdL) des ehemaligen Regierungschefs Silvio Berlusconi. Wie ein AFP-Fotograf berichtete, riefen einige Teilnehmer „Mörder, Mörder“. Sie forderten außerdem die Abschaffung der scharfen italienischen Einwanderungsgesetze.

Die Bürgermeisterin von Lampedusa, Giusi Nicolini, boykottierte die Trauerfeier und traf in Rom mit Staatspräsident Giorgio Napolitano zusammen. Dort erklärte sie, der 3. Oktober solle künftig dem Gedenken an die im Mittelmeer gestorbenen Migranten gewidmet sein.

Nach Angaben von Nichtregierungsorganisationen sind in den vergangenen Jahren 20.000 Menschen auf der Flucht vor Gewalt, Hunger, Elend oder Diktatur im Mittelmeer ertrunken. Rom will das Thema auf dem Gipfeltreffen der Europäischen Union am Donnerstag und Freitag in Brüssel erörtert wissen.

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