Flüchtlingsdrama vor Menschenrechtsgericht: Verbotene Abschiebung

Afrikanische Flüchtlinge klagen in Strassburg gegen Italien wegen Abschiebung ins Folterland Libyen. Das Urteil wird erst in ein paar Monaten erwartet.

Die italienische Küstenwacht im Einsatz vor Lampedusa. Bild: dpa

STRASSBURG dpa | Ein Flüchtlingsdrama zwischen Italien und Libyen beschäftigt den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg. Ein italienisches Militärschiff hatte eine Gruppe afrikanischer Flüchtlinge aus Libyen im Mai 2009 südlich von Lampedusa an Bord genommen und nach Tripolis zurückgebracht. Nach dem Flüchtlingsrecht dürfen Menschen jedoch nicht in ein Land zurückgeschickt werden, in dem ihnen Folter oder Misshandlung drohen.

Die Anwälte der 24 Somalier und Eritreer warfen der italienischen Regierung bei der Anhörung am Mittwoch vor, wissentlich gegen das Prinzip des "Non Refoulement" (des Verbots der Abschiebung) verstoßen zu haben, zumal die Brutalität und Gewalt libyscher Behörden gegen schutzlose Migranten hinreichend bekannt sei.

Italien hatte sich mit Libyen über die Rückführung von Flüchtlingen verständigt. Wegen des aktuellen Konflikts ist dieser Vertrag jedoch suspendiert.

Die Vertreter der Regierung in Rom wiesen die Vorwürfe zurück und nannten Libyen ein - zum damaligen Zeitpunkt - "sicheres Land". Das Problem illegaler Einwanderung betreffe nicht allein Italien, sondern alle EU-Länder, sagte die Regierungsvertreterin Silvia Coppari. Italien habe mit der Aktion sein legitimes Recht befolgt, gegen illegale Einwanderer vorzugehen und seine Außengrenzen zu sichern.

Mit einem Urteil ist frühestens in mehreren Monaten zu rechnen. Eine positive Entscheidung des EGMR hätte europaweite Auswirkungen über die EU-Länder hinaus. Die Regierungen müssten Abschiebungen sehr viel vorsichtiger handhaben.

Was aus den Flüchtlingen geworden ist, ist kaum zu ermitteln. Die Anwälte haben lediglich Kontakt zu drei Personen, in Italien, auf Malta und in einem tunesischen Flüchtlingslager. Andere sind verstorben, vermisst oder spurlos verschwunden. Manche mussten monatelang unter unerträglichen Bedingungen in libyschen Flüchtlingslagern ausharren.

In der EU ist die gemeinsame Asylpolitik ein heißes Eisen, das hin und her geschoben wird - wie der kürzliche Konflikt an der Grenze zwischen Frankreich und Italien gezeigt hat. Die EU ist angesichts des Flüchtlingsstroms bestrebt, ihre Außengrenzen generell strikt abzuriegeln.

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