Flüchtlingskind in Hamburg gestorben: Todesursache wird ermittelt

Nach der Obduktion des toten Kinds sind die Ärzte in der Flüchtlings-Unterkunft nicht entlastet: So wirft der Dienstplan Fragen auf.

Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf

Hier ist das Mädchen an multiplem Organversagen gestorben: Hamburger UKE. Foto: dpa

HAMBURG taz | Der Tod der kleinen Rana beschäftigt Politik und Justiz. Das zehn Monate alte Baby war am 3. Februar an „Multi-Organversagen“ im Uni-Klinikum Eppendorf gestorben. Nun liegt der Bericht der Obduktion vor und belastet die Ärzte. Die Rechtsmedizin schließt Fremdverschulden nicht mehr aus. „Wir prüfen jetzt, ob ein ärztlicher Behandlungsfehler vorliegt“, sagt Staatsanwaltsschaftssprecherin Nana Frombach. Dafür werde man die Krankenakte anschauen und eventuell ein Gutachten beauftragen.

Die aus Syrien geflohenen Eltern haben schwere Vorwürfe gegen medizinischen Dienst in der Zentralen Erstaufnahme (ZEA) am Rugenbarg erhoben: Sie seien zweimal an drei Tagen mit der Kleinen beim ZEA-Arzt gewesen. Obwohl ihre Tochter an Durchfall, Erbrechen und Fieber litt, hätten die Ärzte nur Fiebersenker gegeben.

„Ich habe die Ärztin gebeten, mir eine Überweisung fürs Krankenhaus zu schreiben, aber sie hat gesagt, nein, das würde sie mir nicht empfehlen“, sagte Vater Ibraheem A. gegenüber dem NDR-Fernsehen. Erst am späten Abend kam die Kleine mit dem Rettungswagen ins Kinderkrankenhaus Altona, von wo sie tags darauf ins UKE kam, Intensivstation, wo sie elf Tage später starb.

Die medizinische Versorgung der mehr als 1.300 Menschen in der ZEA verantwortet das UKE; die Klinik äußert sich wegen der laufenden Ermittlungen nicht. Derweil nimmt der Senat die Ärzte in seiner Antwort auf eine CDU-Anfrage in Schutz: Das Kind sei am frühen Nachmittag des 22. Januar der Ärztin vorgestellt worden. „Zu dieser Zeit lagen nach Einschätzung der Ärztin Kriterien für eine Krankenhauseinweisung nicht vor. Eine Forderung der Eltern nach Einweisung wurde nicht erhoben.“

Diese Feststellung sei „bemerkenswert“, sagt die CDU-Abgeordnete Karin Prien, selbst Juristin. Sie habe zu dem Fall eine Menge Fragen, die sie heute Abend im Gesundheitsausschuss stellen will – zum Beispiel zur kinderärztlichen Versorgung am Rugenbarg. Laut einem aktuellen Dienstplan für alle 34 ZEAs der Stadt, der auch der taz vorliegt, gibt es dort nur Allgemeinmediziner. Der Senat hatte indes geantwortet, jeden Montagnachmittag halte dort ein habilitierter Kinderarzt Sprechstunde ab.

Die Kinder in den Flüchtlingsunterkünften gelten als sehr krank, weshalb Ärzte mehr Sprechstunden und mehr Betten in den Kliniken gefordert haben: Es sei ein Fehler, Kinder wie Erwachsene zu behandeln. Die Gesundheitsbehörde sieht keinen Handlungsbedarf: „Wir stellen allgemein sicher, dass ab 500 Bewohnern vier Stunden Kinderarztsprechstunde pro Woche stattfinden“, so Sprecher Rico Schmidt zum Abendblatt – ein „hervorragender Wert“.

Eine Auswertung des erwähnten Dienstplans ergibt, dass alle 34 ZEAs zusammen pro Woche 120 bis 130 Kindersprechstunden haben. Um die beanspruchten vier Stunden pro 500 Bewohner zu erreichen, wären bei rund 19.000 ZEA-Bewohnern 152 Stunden nötig, also bis zu 25 Prozent mehr.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.