Flüchtlingspolitik der Bundesregierung: CSU attackiert Merkel

Die flüchtlingsfreundliche Politik der CDU passt einigen Parteimitgliedern der CSU nicht. Die Kanzlerin gibt sich unbeeindruckt und bekräftigt ihre Entscheidungen.

Der bayrische Finanz- und Heimatminister Markus Söder (CSU).

Ganz besorgt: der bayrische Finanz- und Heimatminister Markus Söder (CSU). Foto: dpa

BERLIN/MÜNCHEN dpa | Ungeachtet der Einigung von Union und SPD zur Flüchtlingspolitik im Koalitionsausschuss geht die CSU weiter auf Konfrontationskurs. Bayerns Finanzminister Markus Söder sprach von einer Überforderung Deutschlands durch den Zustrom Hunderttausender Flüchtlinge. Der frühere Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich warnte: „Wir haben die Kontrolle verloren.“

Beide CSU-Politiker kritisierten massiv die Entscheidung von Kanzlerin Angela Merkel, Flüchtlinge aus Ungarn nach Deutschland frei einreisen zu lassen. Die CDU-Vorsitzende bekräftigte dagegen erneut, dass Deutschland die Aufgabe bewältigen könne. Die wirtschaftliche Lage sei derzeit gut, sagte Merkel der Rheinischen Post. „Die Kosten für die Aufnahme der Flüchtlinge können wir tragen.“

Dagegen warnte Bayerns Finanzminister Söder im Münchner Merkur: „Der Zustrom und die Sogwirkung werden erkennbar immer größer. Das beginnt uns zu überfordern.“ Die Willkommenskultur und Hilfsbereitschaft der Menschen seien beeindruckend. „Aber die Vernunft sagt, dass das langfristig Folgen haben wird. Wenn in diesem Jahr mehr Menschen zuwandern, als hier geboren werden, wirkt sich das auf die kulturelle Statik einer Gesellschaft aus.“ Deutschland verändere sich derzeit „grundlegender, als wir im Moment vermuten“.

Ex-Innenminister Friedrich kritisierte in der Passauer Neuen Presse, die Entscheidung, die Flüchtlinge aus Ungarn unregistriert ins Land zu lassen, sei „eine beispiellose politische Fehlleistung“ der Bundesregierung und werde „verheerende Spätfolgen“ haben. Der CSU-Politiker warnte davor, dass unter den Flüchtlingen auch eine schwer abschätzbare Zahl von IS-Kämpfern und islamistischen Schläfern sei. Er hoffe, dass dieses nicht noch zu einem bösen Erwachen führen werde. „Ich bin jedenfalls überzeugt, dass kein anderes Land der Welt sich so naiv und blauäugig einer solchen Gefahr aussetzen würde.“

Söder sagte am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“, er sei sich nicht sicher, ob bei den Bürgerkriegsflüchtlingen „nicht auch der eine oder andere vielleicht auch Bürgerkrieger dabei ist“. Die Sicherheitsbehörden haben der Passauer Neuen Presse zufolge 29 erwiesene Syrien-Kämpfer unter Asylbewerbern identifiziert.

Kosten für Versorgung

Umstritten bleibt auch die Finanzierung der Kosten für die Aufnahme und Versorgung der Flüchtlinge. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) verlangte in den Ruhr Nachrichten erneut eine stärkere Entlastung der Länder und Kommunen. Unterstützung erhielt sie von SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi, die der Frankfurter Rundschau sagte, sollten es mehr als die prognostizierten 800.000 Flüchtlinge in diesem Jahr werden, „muss es auch mehr Geld geben“.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte in der Neuen Osnabrücker Zeitung, die Mitarbeiterzahl im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge weiter aufzustocken. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner sprach sich in der Passauer Neuen Presse dafür aus, auch pensionierte Beamte auf freiwilliger Basis einzusetzen, um beim Bundesamt „schneller die personelle Schlagkraft hochzufahren“.

Röttgen weist Kritik zurück

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), hat die Kritik aus den Reihen der CSU zurückgewiesen. „Ich halte das Verhalten der Regierung und das der Bundeskanzlerin für eine der größten Leistungen, die sie bisher erbracht haben“, sagte er am Freitag im ARD-„Morgenmagazin“.

Zur Frage der Bekämpfung der Fluchtursachen sagte Röttgen: „Wir müssen mehr und mehr einen Schwenk von der innenpolitischen Handlungsnotwendigkeit machen, hin zu den außenpolitischen und sicherheitspolitischen Spielräumen, die wir haben.“ In Syrien könne Deutschland derzeit nicht ansetzen. „Eine Partnerschaft mit Assad kommt nicht infrage, Assad wird nicht Teil der Lösung sein.“

Im Libanon und in Jordanien sei die Situation, auch der Flüchtlinge, katastrophal. „Ich plädiere für eine humanitäre Pufferzone im türkisch-syrischen Grenzgebiet.“ Diese könne die Fluchtbewegung der Menschen zwar nicht abwehren, aber sie organisieren und steuern.

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