Flüchtlingsquote in der EU: Ablehnung auf Ablehnung

Die Pläne zu einer quotierten Verteilung von Flüchtlingen stoßen auf heftige Kritik. Neben Großbritannien lehnen auch Tschechien, Polen und Ungarn die Regelung ab.

Ein Kind in einer Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Gießen. Bild: dpa

BRÜSSEL afp | Die EU-Kommission hat am Mittwoch eine „gerechtere“ Verteilung von Flüchtlingen anhand einer festen Quote vorgeschlagen und damit einen heftigen Streit eröffnet. Großbritannien reagierte mit dem Vorschlag, Bootsflüchtlinge zurückzuschicken.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nannte die Einführung eines Quotensystems „richtig und gerecht“. Nach dem von Brüssel vorgeschlagenen Schlüssel müsste Deutschland 18,4 Prozent der Asylbewerber aufnehmen – gut 30 Prozent waren es im vergangenen Jahr.

„Migration geht alle Mitgliedstaaten an, und alle Mitgliedstaaten sind nun aufgerufen, ihren Beitrag zur Bewältigung dieser historischen Herausforderung zu leisten“, sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini bei der Vorstellung der EU-Flüchtlings- und Migrationsstrategie. Die vielen tragischen Schiffsunglücke im Mittelmeer und die hohe Zahl an Flüchtlingen, die es an die Küsten der südlichen EU-Länder schaffen, haben die EU zum Handeln gezwungen.

Den Anteil an Migranten, den die Mitgliedstaaten künftig aufnehmen sollen, will die EU anhand von vier Kriterien festlegen: die Bevölkerungszahl des Landes, seine Wirtschaftskraft, die Anzahl der proportional zur Einwohnerzahl bereits aufgenommenen Flüchtlinge sowie die Arbeitslosenquote.

Gegenwind aus Großbritannien

Ab Mai soll das System getestet werden. Ende des Jahres soll ein Gesetzesvorschlag für ein dauerhaftes Quotensystem folgen. Dieses würde immer dann greifen, wenn irgendwo in der EU auf einen Schlag sehr viele Migranten eintreffen.

„Die Mitgliedstaaten müssen nun auf dieser Grundlage in konkrete Gespräche eintreten“, forderte de Maizière in Berlin. „Alle Mitgliedstaaten tragen gemeinsame Verantwortung, Flüchtlinge aufzunehmen.“

Der schärfste Gegenwind kommt aus Großbritannien. Quoten würden „mehr Menschen dazu ermutigen, ihr Leben aufs Spiel zu setzen“, schrieb Innenministerin Theresa May in der Zeitung The Times.

Sollte London ausscheren, könnten die übrigen EU-Länder die Quoten zwar trotzdem einführen. Doch auch die Regierungen von Tschechien, Polen und Ungarn lehnen die Vorschläge ab. Auf dem nächsten EU-Gipfel Ende Juni dürfte darüber heftig gerungen werden.

Mehr Ressourcen im Mittelmeerraum

Die Migrationsstrategie ist aber nicht auf die Umverteilung von Flüchtlingen begrenzt. Schon vorher will die EU Schleppern ihr Geschäft erschweren. Es werde erwogen, Schleuserschiffe „systematisch zu ermitteln, aufzubringen und zu vernichten“, heißt es in dem EU-Papier.

Auch die Rettung Schiffbrüchiger soll verstärkt werden. Für die Einsätze „Triton“ und „Poseidon“ im Mittelmeer ist eine Verdreifachung der Ressourcen in diesem und nächstem Jahr vorgesehen. Die Kommission will zudem das „Triton“-Einsatzgebiet ausweiten, um mehr Schiffbrüchige zu erreichen. Das will auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), aber viele andere EU-Staaten nicht.

Als weitere Sofortmaßnahme kündigte die EU-Behörde ein Neuansiedlungssystem an, das EU-weit Platz für 20.000 Flüchtlinge bieten soll. Neuansiedlung betrifft anders als das Quotensystem Menschen, die noch nicht in der EU sind, jedoch dringend eine neue Bleibe brauchen, etwa syrische Bürgerkriegsflüchtlinge im Libanon. Auf Deutschland käme nach den EU-Plänen ein Anteil von 15,4 Prozent zu, was gut 3000 Flüchtlingen entspräche.

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