Flughafen: Jetzt haben sie den Klaus am Hals

Klaus Wowereit übersteht den Misstrauensantrg der Opposition und signalisiert: Ich mache durch bis 2016.

Entspannt: Klaus Wowereit am Samstag im Abgeordnetenhaus Bild: Steffi Loos/dapd

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Der Noch-Aufsichtsratsvorsitzende der Flughafengesellschaft und sein designierter Nachfolger sind nicht als Fußballgrößen bekannt, aber die Worte von Sepp Herberger gelten dennoch für Klaus Wowereit und Matthias Platzeck, Ministerpräsidentenkollegen und SPD-Genossen. Am Samstag überstand Wowereit das Misstrauensvotum im Abgeordnetenhaus – nur 62 Oppositionelle stimmten dafür, alle 85 anwesenden Koalitionäre dagegen –, am heutigen Montagvormittag steht Platzeck vor der Vertrauensfrage im Brandenburger Landtag. Am Mittwoch dann müssen beide zusammen ran, um im Flughafen-Aufsichtsrat den von ihnen geplanten Wechsel im Vorsitz durchzusetzen. Gegen Widerstände aus CDU und FDP auf Bundesebene.

Kaum 35 Kilometer liegen zwischen den beiden Landesparlamenten, Welten hingegen zwischen den Mehrheiten in beiden Häusern. Während die CDU in Berlin am Samstag geschlossen hinter dem SPDler Wowereit stand, wird sie am Montag in Brandenburg den SPDler Platzeck wohl aufs Heftigste attackieren. „Nachweislich und vollständig ungeeignet“ für den Aufsichtsratsvorsitz, urteilte schon vergangene Woche ihr Fraktionschef Dieter Dombrowski über den Ministerpräsidenten. In gleicher Weise gespalten ist die Linkspartei. Die stimmte in Berlin am Samstag geschlossen gegen Wowereit, will aber in Potsdam Platzeck stützen. Alles eine Frage des Mitregierens oder Nicht-Mitregierens.

Stresstest nicht bestanden

Gelassen konnte Wowereit am Samstagmorgen in die Abstimmung gehen. SPD wie CDU hatten in Sondersitzungen der Fraktionen ja bereits klargemacht, dass sie einhellig hinter dem Regierenden stehen würden. Der wirkte dann auch merklich entspannter als am Donnerstag, beim ersten Akt des von den Grünen eingeleiteten Misstrauensdramas. Da lag in der Parlamentsdebatte noch eine möglichst überzeugende Rede vor ihm. Die gelang ihm tatsächlich – anders als SPD-Fraktionschef Raed Saleh, der den Stresstest als potenzieller Nachfolger genauso wenig bestand wie SPD-Landeschef Jan Stöß, der tags zuvor mit seinem Herumgeeiere zu angeblichen Wowereit-Rücktrittsangeboten verwirrt hatte.

Die Abstimmung konnte gemäß der Landesverfassung erst 48 Stunden später erfolgen, im zweiten Akt des Dramas am Samstag. Nicht nur der vor und während der Abstimmung locker mit CDU-Chef Frank Henkel plaudernde Wowereit gab der Veranstaltung den Anstrich eines spannungslosen Pflichttermins. Die Senatoren Michael Müller (SPD) und Mario Czaja (CDU), sonst seltenst ohne Krawatte im Abgeordnetenhaus zu sehen, nahmen schlipslos Platz. Der CDU-Abgeordnete Roman Simon kam dafür mit einem Baby auf dem Arm zur Abstimmung.

Selbstbewusst stellte Wowereit anschließend vor Journalisten fest, dass der BER in seiner Amtszeit eröffnet werde – „da können Sie sicher sein“. Er sei gewählt für die volle Legislatur und werde das Amt auch ausüben. Was Souveränität ausstrahlen sollte, muss auf die SPD wie eine Drohung wirken. Bis 2016 im Amt? Nicht ein, zwei Jahre vor der Wahl Platz machen für einen Nachfolger, damit der – oder die – mit Amtsbonus antreten kann?

In der CDU gibt es klare Signale, dass für sie die Koalition nicht von Wowereit abhängt. Was nachvollziehbar ist, denn wenn sie weiter regieren will, hat sie keine Alternative. Die SPD jedoch auch nicht. Zwar hat Rot-Grün rechnerisch eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus, über die beide Parteien im Herbst 2011 kurzzeitig verhandelten. Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop aber sagte dazu jüngst der taz, sie „sehe nicht, dass das ein Thema ist.“ Sie plädierte für Neuwahlen.

Die aber würden weder SPD noch CDU passen: Den Sozialdemokraten nicht, weil sie durch das BER-Desaster heftig verlieren würden. Und auch den Christdemokraten nicht, obwohl sie vermutlich klar zulegen würden: Eine dezimierte und ohne Wowereit linkere SPD stünde ihnen nicht als Juniorpartner zur Verfügung, sondern dürfte mit Linken und Grünen paktieren. Wobei die SPD sogar befürchten müsste, hinter den Grünen zu landen: Schon in der jüngsten Umfrage, noch vor der erneuten Eröffnungsverschiebung, lag sie mit 24 Prozent nur zwei Prozentpunkte vor den Grünen und klar hinter der CDU mit 27 Prozent.

Kein Alexander in Sicht

Aber auch ohne Neuwahlen ist klar, dass die SPD ihren Regierenden derzeit nicht vom Hof jagen kann, acht Monate vor der Bundestagswahl. Erst Kanzlerkandidat Peer Steinbrück schwer unter Beschuss, dann ein Vizebundesvorsitzender – Wowereit – abgesägt? Undenkbar. Aber ihn bis zur Abgeordnetenhauswahl 2016 tragen? Ebenso unvorstellbar. Genau das aber wird passieren, wenn sich keine präsentable Alternative als Regierungschef auftut. Im Moment sieht es ganz danach aus. Die Lage ist verwickelt wie ein gordischer Knoten – und bei der SPD ist kein Alexander in Sicht, der ihn durchhaut.

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