Förderprogramm der Bundesregierung: Bündnis will Kaufprämie für E-Autos bis 35.000 Euro
Verbände fordern, dass der Bund bei der Förderung klimafreundlicher Mobilität auf soziale Gerechtigkeit setzt. Auch die SPD selbst macht Vorschläge.

taz/dpa | E-Mobilität fördern, aber sozial gerecht – das fordert ein Bündnis aus Verbänden, Gewerkschaften und Kirchen. In der vergangenen Woche hatte die Bundesregierung ein neues Förderprogramm beschlossen, das besonders Menschen mit mittlerem und niedrigem Einkommen den Umstieg auf E-Autos oder andere klimafreundlichere Verkehrsmittel erleichtern soll.
Nun macht sich die Klima-Allianz Deutschland in ihrem am Donnerstag veröffentlichen Postitionspapier noch mal dafür stark, dass die Steuergelder aus dem Förderprogramm „nicht mit der Gießkanne“ verteilt werden. Stattdessen müssten Menschen mit niedrigen Einkommen gezielt entlastet werden. Klima-Allianz heißt das Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Organisationen – Mitglied sind unter anderem der ACE Auto Club Europa, Greenpeace, der Deutsche Alpenverein, die Caritas oder die Eisenbahngewerkschaft EVG.
In seinem Papier kritisiert das Bündnis außerdem, dass die schwarz-rote Koalition weiter Milliarden in neue Autobahnen stecken will. Gleichzeitig fehle Geld im öffentlichen Nahverkehr, wo das Angebot immer weiter ausgedünnt zu werden droht.
„Wir setzen uns klar für eine Deckelung der Kaufprämie von Elektroautos bei 35.000 Euro brutto ein, um vor allem Fahrzeuge im unteren Preissegment zu fördern“, sagt Sven-Peter Rudolph, der Vorsitzende des ACE Auto Clubs. Vom alten Umweltbonus für E-Autos, den die Ampelkoalition Ende 2023 abgeschafft hatte, hätten vor allem Haushalte mit hohen Einkommen profitiert.
Rudolph betont auch, dass sogenannte Plug-in-Hybride „zwingend von der Förderung ausgeschlossen bleiben“ müssen. Die sollen laut Industrie weniger klimaschädliche Abgase verursachen und Kraftstoff sparen, indem sie zwischen Batteriebetrieb und Verbrennermotor wechseln. Erst vor kurzem zeigte jedoch eine Analyse des Umweltverbands Transport & Environment, ebenfalls Mitglied der Klima-Allianz, dass Plug-in-Hybride in der Realität fast genauso klimaschädlich sind wie reine Diesel oder Benziner.
Drei Milliarden für neue Autobahnen
Der Verkehrssektor in Deutschland war im Jahr 2024 für rund 143 Millionen Tonnen klimaschädliche Treibhausgasemissionen verantwortlich – das sind mehr als 20 Prozent der insgesamt 649 Millionen Tonnen Emissionen, die hier 2024 verursacht wurden. Die meisten Emissionen gehen auf das Konto von Pkw und Lkw mit Verbrennermotor. Die Emissionen heizen nicht nur die Erde weiter auf, sie gefährden die menschliche Gesundheit auch unmittelbar. Feinstaub aus Autoabgasen kann zum Beispiel zu Atemwegserkrankungen führen.
Dass Union und SPD im Bund zusätzliche drei Milliarden Euro für den Neubau von klimaschädlichen Autobahnen vorgesehen haben, gehe deshalb an den Bedürfnissen der Menschen vorbei, sagt die Klima-Allianz. Zudem begehe die Bundesregierung damit Wortbruch: In ihrem Koalitionsvertrag steht, dass Sanierung von Straßen vor Neubau geht.
„Die Koalition enttäuscht mit dieser Entscheidung viele Pendlerinnen und Pendler, die sich jeden Tag über den Zustand der bestehenden Infrastruktur ärgern“, kritisiert Stefanie Langkamp, Geschäftsleitung Politik der Klima-Allianz. „Wir brauchen Investitionen, die Menschen wirklich erreichen, in pünktliche Busse, verlässliche Bahnen und gute Mobilität vor Ort.“ Eine Idee: Ein bundesweites Sozialticket, finanziert mit Geld aus dem Klimasozialfonds.
Auch aus der SPD selbst kamen am Donnerstag Vorschläge für die neu aufgelegte E-Auto-Förderung, die inhaltlich auf einige Forderungen der Verbände eingehen. Laut der SPD-Fraktion im Bundestag sollte das Programm eine Kaufprämie und ein Leasing-Angebot umfassen.
„Bislang kaufen vor allem einkommensstärkere Gruppen E-Autos“, heißt es in einem Forderungspapier der verkehrspolitischen Sprecherin Isabel Cademartori und der Sprecher für Umwelt und Wirtschaft, Jakob Blankenburg und Sebastian Roloff. Damit E-Mobilität zum „Erfolg für alle“ werde, müsse es mehr bezahlbare Autos geben.
3.000 Euro Kaufprämie für E-Autos
Der Absatz kostengünstiger Elektrofahrzeuge solle von 2026 bis 2029 mit einer Kaufprämie gefördert werden, heißt es in dem SPD-Papier, über das zuerst die Süddeutsche Zeitung berichtete. Es liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. „Die Prämie beträgt mindestens 3.000 Euro und soll in gleicher Höhe von Herstellern oder Händlern ergänzt werden.“ Anspruchsberechtigt sollten Menschen mit einem „kleinen bis mittleren Monatseinkommen“ sein.
Gelten solle die Kaufprämie für Neu- und Gebrauchtwagen mit Batterieantrieb, die in Europa produziert wurden, bestimmte Umweltanforderungen erfüllen und einen Nettolistenpreis von unter 45.000 Euro haben. Um das Vertrauen in gebrauchte E-Autos zu stärken, sollten Händler außerdem künftig beim Kauf gebrauchter Fahrzeuge einen kostenlosen „Batteriecheck“ anbieten.
Daneben fordern die SPD-Fachpolitiker, ab 2027 ein „zielgruppengerechtes“ Leasingprogramm mit sozialer Komponente einzuführen – mit einer geringen Leasingrate und einer späteren Kaufoption für europäische E-Fahrzeuge, die bestimmte Umweltanforderungen erfüllen. Das Programm müsse einfach und unbürokratisch sein.
Profitieren würden beispielsweise Schichtarbeiter oder mobile Pflegedienste, die täglich auf das Auto angewiesen sind. „Wer Mobilitäts- und Klimaarmut vermeiden will, muss die soziale Antriebswende voranbringen“, heißt es in dem Papier. Bisher hätten gerade einkommensschwache Haushalte häufig ältere, emissionsstarke Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor.
Die Bundesregierung will bis 2029 drei Milliarden Euro zusätzlich für das neue Förderprogramm bereitstellen. Die Details des Programms stehen noch nicht fest. Nach dem abrupten Stopp der vorherigen staatlichen Kaufprämie für E-Autos war der Absatz auf dem deutschen Markt stark eingebrochen. Nun könnte, wie Marion Tiemann von Greenpeace ergänzt, die Autoindustrie gerade von einer sozial gerechten Förderung profitieren und den Verkauf günstiger E-Autos ankurbeln. Das Segment kleiner und preiswerter Stromer habe vor allem die deutsche Branche bisher „sträflich vernachlässigt“.
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