Folgen der Thomas-Cook-Pleite: 660.000 Reisen abgesagt

Der insolvente Reiseversicherer Thomas Cook hat alle Buchungen für 2020 annulliert. Auf dem Schaden bleiben jetzt wohl die KundInnen sitzen.

Eine Thomas-Cook-Werbung an einem Flughafen

Der insolvente Reiseveranstalter Thomas Cook hat alle Reisen für 2020 abgesagt, auch bezahlte Foto: Umit Bektas/reuters

BERLIN taz | Hunderttausende KundInnen bleiben auf Kosten sitzen, die durch die Pleite des Reiseveranstalters Thomas Cook Deutschland entstanden sind. Das Unternehmen hat alle Reisen für das Jahr 2020 gestrichen, selbst wenn sie bereits ganz oder teilweise bezahlt wurden. Bislang waren nur Reisen bis Ende 2019 abgesagt worden.

Annulliert werden Buchungen bei den Gesellschaften Thomas Cook, Neckermann Reisen, Öger Tours, Bucher Reisen, Air Marin sowie der Schweizer Gesellschaft Thomas Cook International (TCI). Die Reisen könnten aus insolvenzrechtlichen Gründen nicht angetreten werden, teilte das Unternehmen mit. Die Zahl der Buchungen bis Ende September 2020 liegt bei rund 660.000, sagte eine Sprecherin. Darüber hinaus seien Reisen nur in „homöopathischen Dosen“ verkauft worden.

„Mit der Ankündigung, auch Reisen ab 1. 1. 2020 nicht mehr durchzuführen, werden noch mehr Verbraucher auf dem Schaden sitzen bleiben“, sagte der Vorsitzende des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Klaus Müller. Thomas Cook hatte die Reisen gegen Insolvenz bei der Zurich-Versicherung mit einer Deckungssumme von 110 Millionen Euro abgesichert. Davon dürfte mehr als die Hälfte bereits für die Kosten der Rückholung von 140.000 Reisenden nach der Insolvenzanmeldung im September abgehen. Auch für abgesagte Reisen bis Ende 2019 werden sehr hohe Entschädigungen fällig.

Reicht die Deckungssumme nicht, bekommen die Betroffenen den Schaden nur zum Teil oder gar nicht ersetzt. Müller sieht trotzdem den Versicherer in der Pflicht. Die Pauschalreiserichtlinie sehe ausdrücklich vor, dass die Kundengeldabsicherung wirksam sein und die Insolvenz eines der größten Reiseveranstalter abdecken müsse, sagte er. „Die Zurich-Versicherung kann sich somit nicht hinter dem 110-Millionen-Euro-Deckel verstecken.“

Angebote für Übernahmen

Das sieht die Zurich-Versicherung anders. Die Gesetzeslage sehe eine Haftungshöchstgrenze von 110 Millionen Euro für Versicherer vor, sagte ein Sprecher. Die Zurich habe keine höhere Deckungssumme vereinbaren können. „Die Haftungsgrenze gilt aber nicht für den Reiseveranstalter“, betonte er. Thomas Cook hätte sich also bei einem weiteren Anbieter zusätzlichen Versicherungsschutz kaufen können.

Die Grünen fordern, dass die Bundesregierung dafür sorgt, dass Fälle wie diese nicht mehr vorkommen. „Jetzt wird das ganze Ausmaß der Thomas Cook-Pleite sichtbar“, sagte der Sprecher für Tourismuspolitik der grünen Bundestagsabgeordnete Markus Tressel. „Die Bundesregierung muss jetzt schnell eine Lösung für eine zukunftsfähige Kundengeldabsicherung vorlegen.“

Unabhängig von den jetzigen Annullierungen versuchen Geschäftsführung und vorläufige Verwalter von Thomas Cook, Käufer für einzelne Unternehmen zu finden. „Für Öger-Tours und Bucher-Reisen gibt es konkrete Angebote“, sagte ein Sprecher des Insolvenzverwaltes, die Kanzlei hww Hermann Wienberg Wilhelm in Köln. Außerdem gäbe es eine grundsätzliche wirtschaftliche Verständigung über eine Übernahme der Hotelmarke Sentido und der Reisebüro-Franchisemarke Holiday Land durch den Reiseveranstalter DER Touristik. Die Tochtergesellschaft Condor, eine große Ferienfluggesellschaft, ist auf dem Verfahren ausgekoppelt. Für sie haben die Bundesregierung und das Land Hessen eine Bürgschaft übernommen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.