Folgen des Handy-Skandals in Dresden: Datensammeln soll erschwert werden

Nach dem Datenskandal in Dresden sollen die Gesetze geändert werden. Die Opposition, die Bundes-FDP und Sachsens Regierung sind dafür - die CDU mauert noch.

Demonstration im Februar: Wegen der Datensammelwut der Behörden soll nun das Gesetz zur Funkzellenauswertung geändert werden. Bild: dpa

Im Bund werden nach dem Dresdner Handydatenskandal Forderungen nach einer Änderung der Strafprozessordnung laut. Die Opposition will das Gesetz, das die sogenannte Funkzellenauswertung (FZA) regelt, präzisieren. Auch FDP-Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sieht Änderungsbedarf. Nur die Union hält sich noch zurück. Sachsen selbst hat jetzt Pläne für eine entsprechende Bundesratsinitiative konkretisiert.

Obwohl die sächsische Landesregierung die massenhafte Ermittlung von Handyverbindungsdaten bei den Dresdner Antinaziprotesten im Februar prinzipiell noch immer als verhältnismäßig und rechtmäßig bezeichnet, hat Sachsens Justizminister Jürgen Martens (FDP) ein Eckpunktepapier für eine Bundesratsinitiative vorgelegt. Darin will er die Gesetze zur FZA präzisieren.

So soll die massenhafte Abfrage nur noch bei schweren Straftaten erlaubt sein. Bisher war von Straftaten von "erheblicher Bedeutung" die Rede - ein juristisch schwammiger Begriff. Zudem sollen Vorgaben zur Verhältnismäßigkeit und zur Dokumentationspflicht ins Gesetz und Landesdatenschutzbeauftragte über solche Maßnahmen informiert werden. Künftig soll zudem ein Richter zustimmen müssen, wenn die Daten aus einer FZA an andere Behörden weitergegeben werden.

Zustimmung für den Vorstoß kommt von den SPD-Landesjustizministern, die sich am Mittwoch bei einem Treffen in Berlin mit dem Thema beschäftigt haben. Jeder Vorschlag, der dazu führt, die Bürgerrechte in dem Bereich zu stärken, sei willkommen, hieß es. Keinen Bedarf für gesetzliche Änderungen sehen dagegen etwa die Unionsländer Bayern und Niedersachsen.

Die Grünen wollen einen eigenen Gesetzentwurf vorlegen

"Die sächsische Regierung treibt das schlechte Gewissen", kommentierte Burkhard Lischka, rechtspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, die Bundesratsinitiative. Dennoch seien es "Trippelschritte in die richtige Richtung." Man werde sich während der Sommerpause mit dem Thema befassen und überlegen, wie die Strafprozessordnung geändert werden muss, "um solche offensichtlich rechtswidrigen Eingriffe ins Grundrecht künftig zu verhindern", sagte er der taz.

Bündnis90/Grüne werden im Herbst einen eigenen Gesetzentwurf dazu vorlegen. "Wir wollen dabei über die sächsischen Forderungen hinausgehen", sagte ihr rechtspolitischer Sprecher Jerzy Montag der taz. So fordert er eine umfassendere Statistikpflicht sowie eine ausführliche Begründungspflicht der Richter, die die Maßnahme erlauben.

Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger bezeichnete den sächsischen Vorstoß als richtig. "Funkzellenabfragen dürfen nicht beliebig vorgenommen werden", sagte sie der Süddeutschen Zeitung. Die Hürden müssten erhöht werden. Ob sie selbst einen Gesetzesentwurf formulieren will und die Bundesratsinitiative damit überflüssig macht, ließ sie offen.

Sie hätte es ohnehin schwer, sich gegen die Union durchzusetzen. "Das Recht braucht nach jetzigem Kenntnisstand nicht geändert werden", sagte der CDU-Abgeordnete Siegfried Kauder, Vorsitzender der Bundestags-Rechtsausschusses, der taz. In Dresden spreche einiges dafür, dass das geltende Recht nicht ordnungsgemäß angewandt wurde.

Ein Verbot der flächendeckenden FZA fordert die Linkspartei. Diese Maßnahmen habe sich als "kriminalpolizeilicher Unfug erwiesen", sagte Wolfgang Neskovic, rechtspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, der taz. "Einen sinnvollen Anwendungsbereich besitzt die FZA allenfalls in juristischen Lehrbuchfällen." Denn nur hier komme ein bei Nacht allein im Wald am Tatort telefonierender Mörder vor.

Wie die taz aufgedeckt hatte, wurden bei den Dresdner Antinaziprotesten im Februar eine Million Handyverbindungsdaten von über 300.000 Menschen ermittelt und gespeichert. Die Polizei wollte so unter anderem Fälle von schwerem Landfriedensbruch aufklären - bis heute wurde kein Täter ermittelt. In 45 Verfahren flossen Daten aus der FZA auch in Ermittlungen gegen Blockierer - was die Landesregierung mittlerweile als Fehler einräumt. Die sächsische Sammelwut hatte bundesweit Empörung ausgelöst. Der Dresdner Polizeichef wurde versetzt, vor einer Woche gab es eine Aktuelle Stunde im Bundestag. Am Freitag befasst sich der sächsische Rechtsausschuss noch einmal mit der Affäre.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.