Folgen des Sommermärchen-Skandals: DFB droht Millionen-Nachzahlung

In der Affäre um die WM 2006 muss der DFB womöglich 26,2 Millionen Euro zahlen. Der Verband glaubt aber, das vermeiden zu können.

Das Logo des Deutschen Fußballbunds - etwas unscharf

Unklar: Der DFB meint, nicht zahlen zu müssen Foto: dpa

FRANKFURT/MAIN dpa | Dem Deutschen Fußball-Bund drohen in der WM-Affäre Steuernachzahlungen von rund 26 Millionen Euro. Das hat der Verband bei der Vorstellung seines Finanzberichts für das Geschäftsjahr 2016 nun zum ersten Mal selbst eingeräumt.

Die Süddeutsche Zeitung, WDR, NDR sowie die Bild-Zeitung hatten bereits im März darüber berichtet, dass die Steuerfahndung dem Verband vorwirft, den Fiskus bei der Rückzahlung eines ominösen Darlehens von 6,7 Millionen Euro an den früheren Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus im Jahr 2005 bewusst getäuscht zu haben.

Am Montag verwiesen der DFB und sein Wirtschaftsprüfer in ihrem Finanzbericht nun selbst auf ein Schreiben des Finanzamts Frankfurt am Main vom 17. Februar 2017, in dem die Behörde ankündigt, dem Verband nachträglich die Gemeinnützigkeit für das Jahr 2006 aberkennen und deshalb geänderte Steuerbescheide erlassen zu wollen. „Dies vorausgesetzt, hätte der DFB Steuernachzahlungen und Zinsbelastungen in Höhe von etwa 26,2 Millionen Euro zu tragen“, heißt es in dem Bericht.

Präsidium und Anwälte des DFB gehen davon aus, die Aberkennung der Gemeinnützigkeit durch einen entsprechenden Einspruch verhindern zu können. „Wir sind auf der Basis unserer Informationen davon überzeugt, dass die Faktenlage nicht rechtfertig, neue Steuerbescheide zu erlassen“, sagte DFB-Schatzmeister Stephan Osnabrügge. Aus diesem Grund habe der Verband in seinem Abschluss für das Geschäftsjahr 2016 auch „keine Rückstellung für steuerliche Risiken“ gebildet.

Skandal hat schon mehr als 7 Millionen Euro gekostet

Osnabrügge räumte jedoch ein, dass „die Nachwirkungen der sogenannten WM-Affäre“ den Haushalt „wesentlich belasten“ würden. Insgesamt hätte der DFB seit der Enthüllung des Skandals im Herbst 2015 bereits 7,11 Millionen Euro zu dessen Aufklärung und Bewältigung aufwenden müssen. Dazu würden unter anderem Kosten für Anwälte und den sogenannten Freshfields-Report zählen, der die Affäre um dubiose Zahlungsflüsse rund um die WM 2006 im Auftrag des Verbands aufklären sollte.

Trotz der Folgen der WM-Affäre und erster Investitionen in die geplante DFB-Akademie in Frankfurt schloss der Deutsche Fußball-Bund aber auch das Geschäftsjahr 2016 mit einem positiven Ergebnis von 7,807 Millionen Euro ab. Der größte Sportfachverband der Welt verwendete dazu Rücklagen von 12,329 Millionen Euro, denn einem Aufwand von 294,788 Millionen Euro stand 2016 nur ein Ertrag von 290,266 Millionen Euro gegenüber. „Der DFB ist wirtschaftlich gesund“, sagte Osnabrügge. „Wir haben eine hohe Eigenkapitalquote und sind in der Lage, allen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.“

Ob zu diesen Verpflichtungen auch irgendwann noch die drohenden Steuernachzahlungen von rund 26 Millionen Euro kommen werden, ist offen. Denn im Kern sind die WM-Affäre und die genaue Verwendung der ominösen 6,7 Millionen Euro nach wie vor nicht aufgeklärt.

WM-Gala, die nie stattfand

2002 flossen mehrere Millionen von Franz Beckenbauer und seinem Manager Robert Schwan über die Schweiz nach Katar auf ein Konto, das zu dem Firmengeflecht des damaligen und nachweislich korrupten FIFA-Funktionärs Mohamed Bin Hammam gehörte. Kurz darauf erhielt Beckenbauer diese Summe von Louis-Dreyfus zurück, der wiederum sein Geld drei Jahre später vom DFB zurückforderte. Der Verband überwies die 6,7 Millionen 2005 über ein Konto des Weltverbandes FIFA an den früheren Adidas-Boss und verschleierte das in seiner Steuererklärung für 2006 als Kostenbeitrag zu einer WM-Gala, die nie stattfand.

Der DFB argumentiert nach wie vor: Louis-Dreyfus habe Beckenbauer das Geld gegeben, um damit einen Organisationskosten-Zuschuss von der FIFA abzusichern. Die 6,7 Millionen stünden also in einem direkten Zusammenhang mit der WM 2006, weshalb auch die Rückzahlung im Jahr 2005 eine Betriebsausgabe und somit steuerlich absetzbar gewesen sei.

Das Finanzamt sieht das aber anders. Danach hätten die 6,7 Millionen Euro nicht verschleiert und schon gar nicht steuerlich geltend gemacht werden dürfen. Die Behörden sehen darin einen schweren Fall von Steuerhinterziehung. In einem Zwischenbericht der Steuerfahndung ist den Medienberichten aus dem März zufolge sogar von „Luftbuchungen“ und „Scheingeschäften“ die Rede.

Ständig neue Enthüllungen

Die Strategie der DFB-Spitze um Präsident Reinhard Grindel ist klar: Die Verantwortung für die Affäre tragen frühere DFB-Granden wie Wolfgang Niersbach, Theo Zwanziger und der WM-OK-Chef Beckenbauer. Schatzmeister Osnabrügge sprach am Montag von den „Nachwirkungen der sogenannten WM-Affäre, die uns die alte Führung hinterlassen hat. Unsere Möglichkeiten der Aufklärung sind erschöpft.“

Zum Problem für die neue DFB-Führung wird allerdings, dass es ständig neue Enthüllungen in der WM-Affäre gibt und die Aufklärungsarbeit des Verbandes die dafür geflossenen 7,11 Millionen Euro fragwürdig erscheinen lassen. Aber auch da sagte Osnabrügge: „Die Ergebnisse rechtfertigen den Aufwand. Selbst die Staatsanwaltschaft greift auf Untersuchungen von Freshfields zurück. Und alle neuen Erkenntnisse basieren auf Unterlagen, auf die der DFB keinen Zugriff hatte.“

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