Folgen des Sparpakets: 1-Euro-Jobs als unnützes Auslaufmodell

Die Kürzungen im Zuge des schwarz-gelben Sparpakets werden an der Arbeitsförderung sichtbar. Und die gemeinnützige Maßnahme der "Bürgerarbeit" ändert wenig daran.

Bürgerarbeit statt Ein-Euro-Jobs, das ist der Fingerzeig des Bundesarbeitsministeriums unter Ministerin von der Leyen. Bild: dpa

BERLIN taz | Jetzt kommt das Sparpaket - und das merken auch die Langzeitarbeitslosen. 157 1-Euro-Jobber ackerten im vergangenen Jahr in den Betrieben des Vereins Arbeit und Lernzentrum in Bremen. Sie reparierten etwa Rutschen auf Spielplätzen oder bereiteten Gebrauchtmöbel auf. Das Angebot für 1-Euro-Jobber schrumpft und könnte im Verlauf dieses Jahres auf nur noch 67 Plätze zusammenschmelzen, sagt der Geschäftsführer des Vereins, Ulrich Ipach. "Die Situation ist dramatisch."

Der sogenannte Eingliederungstitel im Sozialgesetzbuch II - also das Geld für Beschäftigungsmaßnahmen, Weiterbildung, Lohnkostenzuschüsse für Hartz-IV-Empfänger - wurde im Haushalt der Bundesagentur für Arbeit von 6,6 Milliarden im vergangenen Jahr auf 5,3 Milliarden für 2011 zusammengestrichen. Besonders trifft es die Beschäftigungsmaßnahmen. "Wir wollen uns in diesem Jahr - auch vor dem Hintergrund des geringen Budgets - darauf konzentrieren, Hartz-IV-Empfänger in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen", sagt eine Sprecherin der Bundesagentur.

Doch so viel ersten Arbeitsmarkt gibt es auch wieder nicht für die Hartz-IV-Empfänger. Schon im Monatsbericht für Dezember der Bundesagentur wird der saisonbereinigte Anstieg der Zahl Langzeitarbeitsloser damit begründet, dass es "weniger Entlastung" durch Beschäftigungsmaßnahmen gebe.

Nach Berechnungen des Bremer Instituts für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe e. V. sind die Kürzungen bei den Jobcentern ungleich verteilt. In der brandenburgischen Grundsicherungsstelle Arge Havelland etwa wird die Zahl der sogenannten Arbeitsgelegenheiten, vor allem der 1-Euro-Jobs, halbiert, erklärt Sprecherin Michaela Grupe von der Arbeitsagentur Neuruppin.

Auch in Berlin soll die Hälfte der Arbeitsgelegenheiten 2011 wegfallen, berichtet die Sprecherin der Sozialsenatorin. Die Träger erwarteten bis zu 40 Prozent weniger Aufträge, sagt Michael Haberkorn, Geschäftsführer des BVAA, einer Berliner Dachorganisation von Beschäftigungsvereinen.

Als Kompensation wird vom Bundesarbeitsministerium das neue Instrument der "Bürgerarbeit" ins Feld geführt, dessen Finanzierung im gekürzten Haushalt der Bundesagentur enthalten ist. "Bürgerarbeiter" sollen etwa Ältere bei Behördengängen begleiten, Naturlehrpfade anlegen oder Arme zum Energiesparen beraten. 34.000 Plätze sind für diese gemeinnützigen Maßnahmen vorgesehen, nur ein Bruchteil der bisher rund 290.000 Beschäftigungsmaßnahmen. Konrad Tack, Geschäftsführer des Jobcenters in Berlin-Neukölln, bekam 1.000 Plätze in der Bürgerarbeit bewilligt. Die Kürzungen bei den Arbeitsgelegenheiten könne man rein rechnerisch "insofern ausgleichen", berichtet Tack. Doch damit ist er eine Ausnahme.

Um die von der Bundesregierung geförderten Stellen in der Bürgerarbeit hat sich nicht mal die Hälfte aller Jobcenter beworben. Die Teilnehmer an der Bürgerarbeit bekommen ein sozialversicherungspflichtiges Bruttoentgelt von mindestens 900 Euro im Monat, das macht netto rund 725 Euro. Die Länder und Kommunen können, wie auch in Berlin geplant, das Entgelt aus Eigenmitteln aufstocken.

Sachkosten etwa für Beschäftigungsvereine sind bei der Bürgerarbeit jedoch nicht mehr vorgesehen, es sei denn, auch hier springen die Kommunen ein. Die Trägerlandschaft des zweiten Arbeitsmarkts wird 2011 schrumpfen. "Es ist mit vielen Entlassungen zu rechnen", befürchtet Haberkorn, "solche Kürzungen in so kurzer Zeit gab es noch nie".

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