Foodwatch fordert „Überzucker“-Steuer: 30 Cent für zuviel Zucker

Im Kampf gegen Fettleibigkeit empfiehlt Foodwatch eine Steuer auf sehr süße Erfrischungsgetränke. Die meisten Produkte seien „überzuckert“.

Coca-Cola-Flaschen von oben

Voller Zucker, lecker Cola Foto: reuters

BERLIN taz | Die Verbraucherorganisation Foodwatch fordert eine Abgabe auf zuckerhaltige Getränke nach dem Vorbild Großbritanniens. Laut einer am Mittwoch in Berlin vorgestellten Studie des Verbands enthalten 59 Prozent der insgesamt 463 getesteten sogenannten Erfrischungsgetränke mehr als 5 Gramm Zucker pro 100 Milliliter und gelten damit als überzuckert.

In Großbritannien werden Hersteller ab 2018 bei mehr als 5 Prozent Zucker eine Steuer in Höhe von 20 Cent pro Liter zahlen, 30 Cent bei mehr als 8 Prozent Zucker. Die Abgabe soll ein Anreiz sein, den Zuckergehalt in Limonaden, Energy Drinks, Saftschorlen, Eistees und Fruchtsaftgetränken zu reduzieren.

„Süßgetränke sind ein Faktor, der das Risiko für Fettleibigkeit, Typ-2-Diabetes und andere Krankheiten erhöht“, sagte Wieland Kiess, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Universität Leipzig.

Foodwatch überprüfte alle als Erfrischungsgetränke angebotenen Produkte der drei größten ­Lebensmitteleinzelhändler Lidl, Edeka und Rewe. Demnach enthielten 37 Prozent der Getränke mehr als 8 Prozent Zucker. Größte „Zuckerbombe“ war der Energy Drink Rockstar Punched Energy + Guava vom Hersteller Pepsi mit einem Anteil von 16 Prozent Zucker. Das ist laut Foodwatch bei einer 500 Milliliter-Dose dreimal so viel wie die maximal 25 Gramm, die die Weltgesundheitsorganisation pro Tag empfiehlt.

Eine Strafsteuer für Zucker?

Die Einnahmen aus einer Zuckersteuer sollten wie in Großbritannien für gesundheitliche Vorbeugemaßnahmen verwendet werden, verlangte Foodwatch. Die britischen Behörden rechnen mit 600 Millionen Euro pro Jahr. In Deutschland könnte der Staat eine Milliarde Euro kassieren, sagte Foodwatch-Experte Oliver Hui­zin­ga. Produkte mit Süßstoff müssten ebenso besteuert werden. „Süßstoffe verändern die Darmflora und lösen Hunger aus. Auch Süßstoffe machen dick“, so Mediziner Kiess.

Der Spitzenverband der Deutschen Lebensmittelwirtschaft, BLL, kritisierte die Abgabe dagegen als „eine Strafsteuer für Zucker, die jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehrt und die sozial Schwächere in unserer Gesellschaft im Endeffekt am meisten treffen wird“. Die Abgabe beziehe sich nur auf zugesetzten Zucker, obwohl natürlicher Zucker genauso viele Kalorien liefere. Man könne auch nicht eindeutig begründen, wie viel Zucker zu viel ist.

Die Hersteller halten den Vorschlag für wissenschaftlich unbegründet

Zudem gebe es im Einzelhandel eine große Bandbreite an Produkten, die Verbraucher hätten die Wahl. Eben das sieht Foodwatch anders: Nur 6 der 463 überprüften Produkte enthielten weder Zucker noch Süßstoffe, berichteten die Verbraucherschützer.

Während die SPD-Fraktion im Bundestag den Vorstoß von Foodwatch begrüßt, kommt von der CDU/CSU klar Ablehnung. Die Erfahrungen anderer Länder hätten gezeigt, dass eine solche Steuer ohnehin nichts nutze. Man setze stattdessen auf den mündigen Verbraucher und bessere Information.

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