Foodwatch verleiht „Goldenen Windbeutel“: Hipps Zuckertee kriegt Negativpreis

Die Verbraucherorganisation Foodwatch hat dem Babynahrungs-Hersteller Hipp für seine zuckerhaltigen Kindertees den „Goldenen Windbeutel“ verliehen. Hipp wehrt sich gegen die Kritik.

Hoher Besuch bei Hipps: Das Preisverleihungskommando von Foodwatch ist da. Bild: dpa

PFAFFENHOFEN/ILM dapd/dpa | Zuckerhaltige Instant-Tees für Kleinkinder der Firma Hipp sind von zehntausenden Verbrauchern in einer Online-Abstimmung zur „dreistesten Werbelüge“ des Jahres gewählt worden. Die Verbraucherorganisation Foodwatch zeichnete den Hersteller von Babynahrung dafür am Dienstag an dessen Firmensitz in Pfaffenhofen a.d. Ilm mit dem „Goldenen Windbeutel“ 2012 für Etikettenschwindel aus.

Die Zuckergranulat-Tees „Früchte“, „Waldfrüchte“ und „Apfel-Melisse“ enthielten umgerechnet zweieinhalb Stück Würfelzucker je 200-Milliliter-Tasse, hatte Foodwatch zur Begründung erklärt. Dennoch würden die Tees als „kindgerecht“ und „gesund“ beworben.

Hipp wehrte sich gegen die Kritik: Für den Kindertee mache das Unternehmen gar keine Werbung und der Zuckergehalt sei klar auf der Verpackung angegeben. Das Unternehmen teilte mit, dass es die kritisierten Produkte gar nicht bewerbe. Folglich könne sich der Vorwurf der Werbelüge allein auf die Angaben auf der Verpackung beziehen. Darauf werde aber „transparent und für den Verbraucher deutlich erkennbar“ der Zuckergehalt angegeben, und zwar mit 3,8 Prozent im trinkfertigen Produkt.

Hipp biete zudem ein breites Sortiment an zuckerfreien Tees an. Seit April sei Hipp weltweit das erste Unternehmen, das auch Granulat-Tees auf Isomaltulose-Basis anbietet, die aufgrund ihrer zahnschonenden Eigenschaften mit dem Zahnmännchen ausgezeichnet wurden.

Eine Firmensprecherin nannte die Interpretation von Foodwatch eigenwillig und auf Medienwirksamkeit bedacht. Verbraucher und Eltern würden dadurch verunsichert. Das Unternehmen habe daher zu der Aktion zwar eine Vertreterin geschickt, aber entschieden, den „Goldenen Windbeutel“ nicht entgegenzunehmen.

Hipp vor Hackfleisch und Margarine

Knapp 130.000 Verbraucher beteiligten sich laut Foodwatch an der Abstimmung. Auf die Hipp-Tees seien mehr als 44.000 Stimmen oder rund 34,1 Prozent entfallen. Platz zwei belegte die Viva Vital Hackfleisch-Zubereitung von Netto (27,5 Prozent). Auf Rang drei folgte die Margarine Becel pro activ von Unilever (22,2 Prozent) vor Clausthaler-Bier von Radeberger (10,1 Prozent). Auf Rang fünf lag Tee der Marke Teekanne „Landlust Mirabelle & Birne“, für den 6,1 Prozent der Nutzer stimmten.

Foodwatch zufolge hat Hipp bereits nach der Bekanntgabe der Nominierung für den „Goldenen Windbeutel“ angekündigt, die kritisierten Zuckergranulat-Tees bis Ende des Jahres durch neue Produkte ohne Zuckerzusatz ersetzen zu wollen. „Eigentlich gibt es keine Notwendigkeit, andere Produkte zu entwickeln, denn Hipp hat geeignete Kleinkind-Getränke längst im Sortiment: die guten alten Teebeutel“, erklärte Oliver Huizinga von Foodwatch.

Der Geschäftsführer von Foodwatch, Thilo Bode, forderte die Bundesregierung in einem dapd-Interview auf, den Markt für Kinderlebensmittel zu regulieren. „Es dürfen nur noch Produkte, die wirklich geeignet für Kinder sind, als solche beworben werden“, sagte er. Mit einem entsprechenden Gesetz hätte es die gezuckerten Tees für Kleinkinder gar nicht erst gegeben.

Die vielen Fälle von Verbrauchertäuschung sagten nicht nur etwas über die Praktiken der Unternehmen aus, sondern auch über das Versagen des Staates beim Schutz der Verbraucher, erklärte Bode. Täuschung sei im Lebensmittelrecht zwar verboten – in der Praxis aber sehe es anders aus. „Es fehlt überall an Transparenz, bei den Herkunftsangaben, bei den Zutaten, der Tierhaltung, beim Einsatz von Gentechnik“, sagte Bode. Es würden Gesetze gebraucht, die dem legalen Etikettenschwindel ein Ende bereiteten.

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