Forderung der Grünen: „Kretschmer muss sich entschuldigen“

Nach einem Treffen mit dem ZDF-Team entschuldigte sich der Dresdener Polizeipräsident. Grünen fordern dasselbe vom sächsichen Ministerpräsidenten Kretschmer.

Sachsen Ministerpräsident Michael Kretschmer redet an einem Pult.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer fand das Polizeiverhalten „seriös“ Foto: reuters

DRESDEN dpa | Nach der Entschuldigung der Dresdner Polizei für das Vorgehen von Beamten gegen ein Fernsehteam am Rande einer Pegida-Demonstration hat Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter einen solchen Schritt auch vom sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) gefordert. „Herr Kretschmer muss sich für seine ersten Aussagen entschuldigen, wonach die Polizisten die einzigen gewesen seien, die sich seriös verhalten hätten“, sagte Hofreiter den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Ein Mann hatte sich vor einer Woche in Dresden an einer Demonstration der AfD und der islam- und ausländerfeindlichen Pegida-Bewegung beteiligt und sich lautstark gegen Filmaufnahmen für das ZDF gewehrt. Daraufhin kontrollierte die Polizei das ZDF-Team.

Nach Angaben des Senders stellte dann ein weiterer Pegida-Sympathisant eine Anzeige. Erst nach 45 Minuten konnte das Team wieder seiner Arbeit nachgehen. Ein Videoausschnitt von dem Geschehen löste eine bundesweite Debatte über eine Einschränkung der Pressefreiheit durch die sächsische Polizei aus. Später stellte sich heraus, dass der Mann, der zuerst das ZDF-Team verbal angriff, Mitarbeiter des Landeskriminalamtes ist.

Ministerpräsident Kretschmer hatte in einer ersten Reaktion auf den Vorfall pauschale Anschuldigungen gegen die Polizei zurückgewiesen und mit Blick auf die vom ZDF veröffentlichten Bilder getwittert: „Die einzigen Personen, die in diesem Video seriös auftreten, sind Polizisten.“ Nach ZDF-Angaben entschuldigte sich der Dresdner Polizeipräsident Horst Kretzschmar am Freitag für das Vorgehen der Polizisten.

Polizei will aus Vorfall lernen

Die Dresdener Polizeiführung hatte sich am Freitag mit den betroffenen Journalisten für ein klärendes Gespräch getroffen. Es sollte eine Art vertrauensbildende Maßnahme sein und wurde am Ende Selbstkritik. Polizeipräsident Kretschmar äußerte nach dem Treffen sein Unverständnis darüber, dass die Journalisten so lange nicht ihrer Arbeit hätten nachgehen können. „Ich bedaure diesen Umstand als Polizeiführung außerordentlich und habe zugesichert, dass wir dieses in der Polizei aufarbeiten werden – auch um daraus zu lernen.“

Das ZDF teilte nach dem Gespräch mit, die Polizei habe eingeräumt, dass das ZDF-Team am 16. August viel zu lange festgehalten wurde. Man habe zugesagt, die bisherige Darstellung zu korrigieren. „Wir haben deutlich gemacht, dass der Ablauf falsch dargestellt wurde“, sagte die Moderatorin des Magazins „Frontal 21“, Ilka Brecht.

Grünen-Fraktionschef Hofreiter verlangt eine intensive Aufarbeitung der Vorkommnisse: „Das ist nicht nur ein Fall für die sächsische Landesregierung, sondern auch ein Fall für das Bundesinnenministerium.“ Es gebe Probleme in Teilen der sächsischen Sicherheitsbehörden. „Da wissen manche offenbar auch nicht, wie man bei Demonstrationen mit Journalisten umzugehen hat, hier braucht es eine bessere Fort- und Ausbildung. Auch die Nähe einzelner aus dem Sicherheitsapparat zu Pegida sollte untersucht werden“, forderte Hofreiter.

Politiker fordern Konsequenzen

Der Demo-Vorfall sorgte in der schwarz-roten Koalition in Sachsen für Konflikte. Sachsens SPD-Chef und Vize-Ministerpräsident Martin Dulig gab der Union indirekt eine Mitverantwortung. Jahrelang habe es eine Verharmlosung rechter Tendenzen in Sachsen gegeben. Nun werde man konfrontiert mit den Auswirkungen „auch der Versäumnisse der letzten Jahrzehnte“, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“. Bis 2004 hatte die CDU in Sachsen allein die Macht. Der sächsische SPD-Politiker Albrecht Pallas möchte die betroffenen ZDF-Journalisten im Innenausschuss des Landtages anhören, damit sich die Parlamentarier ein komplettes Bild machen können.

Auch auf Bundesebene ist der Fall ein Thema. In Berlin sagte die stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung, Ulrike Demmer, die Behörden in Sachsen sollten zügig Klarheit schaffen und mögliche Konsequenzen aus dem Vorfall ziehen. Sie sprach von einem „Signal für das Land“. Weiter sagte sie: „Wir dürfen nicht wegschauen, wenn sich Mitarbeiter der Landes- und Sicherheitsbehörden von den Grundrechten unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft abwenden.“

Nach Darstellung von Ernst Fricke aus Landshut, Medienrechtler an der Katholischen Universität Eichstätt, ist die Polizei grundsätzlich dazu angehalten, Journalisten bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Das geht etwa aus einer Vereinbarung der Innenministerkonferenz mit dem Presserat hervor. Darin heißt es: „Die Polizei unterstützt bei ihren Einsätzen, auch bei Geiselnahmen und Demonstrationen, die Medien bei ihrer Informationsgewinnung.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.