piwik no script img

Nord

Forschung an Fachchochschulen Doktor ohne Uni-Studium

Studierende in Schleswig Holstein sollen auch an Fachhochschulen promovieren können. Universitäten und Promovierende sind skeptisch – aber auch die FHs.

Promotionsfeier: Bald auch an der Fachhochschule möglich? Bild: dpa

HAMBURG taz | Das alleinstehende Forschungsrecht für Universitäten findet Waltraud Wende nicht mehr zeitgemäß. Längst würde an Fachhochschulen anerkannte Forschung betrieben, sagt Schleswig-Holsteins Bildungsministerin (parteilos). Deshalb möchte sie am bundesweit geltenden Promotionsrecht für Universitäten rütteln: Zukünftig soll in Schleswig-Holstein auch eine Fachhochschule (FH) ihre Studenten promovieren dürfen. Universitäten, Promovierende und die Hochschulrektorenkonferenz sehen das kritisch – aber auch FHs selbst.

„Es gibt keine Forschung erster und zweiter Klasse“, begründete Wende ihren Vorstoß – „es gibt nur Forschung.“ Damit Promotionen an der FH den gleichen wissenschaftlichen Wert besäßen wie die an Universitäten, sollten ausschließlich forschungsstarke Fachhochschulprofessoren die Doktoranden betreuen, sagt Ministeriumssprecher Thomas Schunck. Anhaltspunkte dafür lieferten etwa Veröffentlichungen oder eingeworbene Drittmittel. Die Qualität der FH-Promotion solle zudem dadurch gesichert werden, dass die Betreuung von der Begutachtung abgekoppelt werde.

Bei Universitäten, aber sogar den FHs selbst stößt Wende auf Widerstand: Die Kieler Christian-Albrechts-Universität kritisiert, dass der Vorstoß nicht mit den Universitäten im Land abgestimmt worden sei. Diese arbeiteten schon seit Jahren erfolgreich mit den FHs zusammen. Zudem könnten forschungsstarke Fachhochschulprofessoren ihre Studierenden schon heute bei der Promotion betreuen – über eine Zweitmitgliedschaft an den Uni-Fakultäten.

Auch an der FH Westküste (FHW) in Heide wird das eigene Promotionsrecht kritisch gesehen. So sei beispielsweise die zusätzliche Arbeitsbelastung für die Professoren nicht thematisiert worden, sagt Michael Berger, Vizepräsident der FHW. An der FH bestehe „eine höhere Lehrverpflichtung als an den Universitäten“, führt er aus. „Die größten Sorgen macht uns aber die Anerkennung“, so Berger: Werde der FH-Doktortitel „vom Bund nicht anerkannt wird, bringt es uns nichts“.

Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Horst Hippler, begrüßt eine engere Kooperation zwischen Universitäten und Fachhochschulen. Er weist aber darauf hin, „dass die Universitäten aufgrund der Forschungsinfrastruktur und Personalausstattung das Promotionsrecht innehaben“. Erst wenn FHs auf universitärem Niveau ausgestattet würden, käme eine Übertragung dieses Promotionsrechts in Frage.

Qualitativ hochwertige Promotionsbedingungen an Fachhochschulen setzt auch Norman Weiss voraus, der Vorsitzende der Promovierendenorganisation Thesis. Er frage sich aber, „wozu wir noch FHs brauchen, wenn sie auf einem universitären Niveau sein sollen“.