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Fossile EnergieKann die Leag für die Heilung der Natur zahlen?

Umweltverbände befürchten, dass der Lausitzer Konzern Leag sein Geld davor retten will, selbst für die Umweltschäden seiner Tagebaue aufzukommen.

Schlechte Aussichten? Plattform am Braunkohletagebau Nochten mit Blick auf das Wärme-Kraftwerk Boxberg Foto: imago stock&people

Berlin taz | In Zeiten, als Umweltschutz und Klima keine Rolle spielten, lief es so: Ging ein Kohletagebau zur Neige, machte der Betreiber einen neuen auf und finanzierte aus dem die Sanierung der zuvor ausgekohlten Landschaft. Das Geschäftsmodell beendet Deutschland mit dem Kohleausstieg, den das Gesetz auf spätestens 2038 datiert. Viel deutet darauf hin, dass Braunkohlestrom ab Anfang der 2030er Jahre zu teuer wird und schon dann aus dem Markt geht.

Mit welchem Geld wird dann die Umweltzerstörung repariert? Umweltverbände befürchten, dass der Lausitzer Energiekonzern Leag sich dabei einen schlanken Fuß machen will. Die Deutsche Umwelthilfe, unterstützt von Greenpeace, hat einen Eilantrag bei den Verwaltungsgerichten Cottbus und Dresden eingereicht, um die Umstrukturierung des Leag-Konzerns zu stoppen. Das teilten die Umweltschützer am Dienstag mit.

Zum Hintergrund: Die Leag, die in Brandenburg und Sachsen noch drei Braunkohletagebaue und drei Braunkohlekraftwerke betreibt, will bis 2030 eine Vielzahl erneuerbarer Kraftwerksanlagen bauen. Sie nennt das Projekt Gigawattfactory. Der Aufbau ist noch ein Zuschussgeschäft. In den 2030er Jahren sollen die Erneuerbaren aber die Gewinne abwerfen, die der Kohlestrom bisher erbrachte.

Die Kosten der Kohle-Sanierung soll die Leag selbst allein für Brandenburg und Sachsen auf deutlich über 5 Milliarden Euro schätzen. Bislang sind davon höchstens etwas mehr als 2 Milliarden Euro gesichert. Dazu zählen eine von der EU-Kommission noch endgültig zu genehmigende Entschädigung für den Kohleausstieg von bis zu 1,75 Milliarden Euro.

Greenpeace-Experte kritisiert „Luftbuchungen“

Weiteres Sanierungsgeld soll aus Gesellschaften kommen, in die Leag Vermögenswerte von mehreren hundert Millionen Euro einzubringen hat und auf die die jeweilige Landesregierung Zugriff hat. Was dieses Vermögen wert ist, wenn es etwa ab Mitte der 2030 Jahre zur Finanzierung der Sanierung eingesetzt wird, ist derzeit völlig unklar. Greenpeace-Experte Karsten Smid hält die meisten dieser Werte für „Luftbuchungen“.

Zur Not wären da aber noch die Gigawattfactory und deren Gewinne, um die Sanierung zu bezahlen. So eine weitgehende Haftung kann dem seit März alleinigen Leag-Besitzer nicht gefallen, dem tschechischen Milliardär Daniel Křetínský.

Wenig zufällig wurde die Leag also im Frühjahr umstrukturiert. Erneuerbare, Batterie und Biomasse wurden „unternehmerisch eigenständig“, wie die Leag mitteilte. Kraftwerke und Tagebaue würden aber die nötige Finanzausstattung zur Finanzierung ihrer bergbaulichen Pflichten behalten, insbesondere zur Wiedernutzbarmachung der Landschaft, sicherte der Energiekonzern zu.

Das ziehen Umweltverbände in Zweifel. Mit der Abspaltung werde den für die Rekultivierung zuständigen Kraftwerken und Tagebauen Vermögenswerte von über 2 Milliarden Euro entzogen, kritisieren Greenpeace und Deutsche Umwelthilfe.

Konkret hat sich nach den Angaben mit der Umstrukturierung das Eigenkapital der Tagebau-Tochter der Leag von etwa 1,15 Milliarden auf 200 Millionen Euro und damit um mehr als 80 Prozent verringert sowie das der Kraftwerkstochter von 2,5 auf 1,2 Milliarden Euro und damit um etwa die Hälfte. Gehen Kraftwerke und Tagebaue in Insolvenz, weil sich Braunkohlestrom nicht mehr rechnet, reicht das verbleibende Vermögen nie und nimmer aus, um die Sanierungspflichten zu erfüllen.

Deswegen wollen DUH und Greenpeace die Umstrukturierung jetzt mit Eilanträgen stoppen. Diese richten sich an das jeweils für Bergbau zuständige Landesamt und sollen es verpflichten, Ansprüche auf Sicherheitsleistungen gegen die Leag anzumelden. Die Frist zur Geltendmachung des entscheidenden Gläubigerschutzanspruchs verjährt sich danach Anfang Oktober 2025.

Der geforderte Gläubigerschutz soll verhindern, dass die Leag die profitablen Filetstücke aus dem Konzern herausschält, um sie vor den Ewigkeitslasten der Kohle zu schützen, begründet Greenpeace-Energieexperte Karsten Smid. „Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit.“

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