Fragwürdige Kredite: Washingtons Schrecken aus Fernost

Die USA warnen vor der von China initiierten Entwicklungsbank. Sie berücksichtige Umwelt- und Sozialstandards nicht ausreichend.

Weltbankpräsident Jim Yong Kim und Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Spitzentreffen im Februar in Washington. Bild: dpa

BERLIN taz | In seiner Amtszeit als US-Finanzminister hatte Larry Summers selbst nur wenig zur Reform des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank beigetragen. Nun ist er Professor in Harvard – und beklagt sich über das Versäumnis der US-Regierung: „Berechtigterweise können sie fragen: Hey Jungs, ihr hattet fünfeinhalb Jahre Zeit, uns eine angemessene Rolle im IWF zu verschaffen. Geschehen ist aber nichts.“ Mit „sie“ meint Summer die Chinesen.

An diesem Wochenende treten IWF und Weltbank in Washington zu ihrer jährlichen Frühjahrstagung zusammen. Offiziell soll es bei dem Treffen um die Lage der Weltkonjunktur gehen und einzelnen Krisenländern wie Griechenland oder die Ukraine. Doch schon jetzt ist klar, dass ein weiteres Thema die Teilnehmer beschäftigen wird: Chinas Vorstoß zum Aufbau einer neuen internationalen Entwicklungsbank, der Asien Infrastruktur- und Entwicklungsbank (AIIB).

Die Weltbank überarbeitet derzeit ihre Umwelt- und Sozialstandards, die sogenannten Safeguards. Auch wenn das nicht explizit erwähnt wird, ist eindeutig, wer als Adressat gemeint ist: China. Denn die AIIB unter Pekings Federführung könnte sich zu einer ernsthaften Konkurrenz zu den US-dominierten Institutionen Weltbank und IWF entwickeln. Washington warnte mehrfach vor einer Teilnahme, offiziell mit der Begründung, unter Chinas Führung würden die Standards nicht ausreichend beachtet werden.

China wiederum hatte in der Vergangenheit mehrfach gefordert, die Stimmenverteilung bei Weltbank und IWF zugunsten der Entwicklungs- und Schwellenländer zu ändern. Der Appell blieb unbeachtet. Nach Angaben des chinesischen Vize-Finanzministers Shi Yaobin beteiligen sich nun 57 Staaten an der Gründung der neuen Entwicklungsbank.

Verwässerung von Standards befürchtet

Trotz der US-Aufforderungen machen fast alle westlichen Volkswirtschaften mit bei der AIIB, darunter Deutschland, Großbritannien und die Schweiz. Auch andere Verbündete der USA wie Australien und Israel sind dabei. Von den G-7-Ländern gehören nur die Vereinigten Staaten, Japan und Kanada nicht zu den Gründungsmitgliedern.

Nun ist es nicht so, dass IWF und Weltbank bei der Vergabe von Krediten Umwelt- und Sozialstandards bislang eine entscheidende Rolle eingeräumt haben. „Schon die geltenden Schutzstandards konnten Menschenrechtsverletzungen und gravierende Umweltschäden oft nicht verhindern“, kritisiert etwa die entwicklungspolitische Organisation Urgewalt. Sie warnt vor einer weiteren „Verwässerung“.

Sandra Heep vom Berliner Mercator Institut für China-Studien sieht in dem Widerstand der US-Regierung einen Beleg dafür, dass sie „einen wachsenden Einfluss Chinas auf die bislang US-dominierte internationale Finanzarchitektur verhindern will“. Zwar habe China in der bisherigen Entwicklungszusammenarbeit immer wieder Umwelt- und Sozialstandards unterlaufen. Doch Peking habe die Grenzen selbst erkannt, sagt Heep.

So habe Chinas finanzielle Unterstützung von politisch instabilen Regimen und Staaten mit zweifelhafter Zahlungsmoral zu erheblichen Kreditausfallrisiken geführt. „Vor allem aus wirtschaftlichen Gründen ist es daher in Chinas eigenem Interesse (…), tragfähige Standards für die Kreditvergabe auszuarbeiten.“

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