Fragwürdige Nebenkostenabrechnungen: Immer Ärger mit Vonovia

Wegen horrender Heizkostenabrechnungen ist die Vonovia wieder in aller Munde. Der Bremer Erwerbslosenverband wirft ihr nun rechtswidrige Abrechnungsmethoden vor.

Eine Hand dreht am Thermostat einer Heizung.

Den Griff zum Thermostat sollten sich Vonovia-Mieter zweimal überlegen Foto: dpa

BREMEN taz | „Winterzeit ist Kuschelzeit“ – so lautet die neueste „Servicemeldung“ auf der Startseite von Vonovia, Deutschlands größtem Immobilienkonzern. Um die Wahl der richtigen Bettdecke geht es da, denn: „Eine Bettdecke ist wie eine Klimaanlage des Wohlbefindens.“ In der Tat lohnt sich der Kauf einer warmen Bettdecke für Vonovia-MieterInnen: Denn Heizen kann für sie astronomisch teuer werden.

So berichtet der Weser-Kurier von einer alleinerziehenden Mutter von vier Kindern, die für ihre Wohnung in Lüssum 4.744,52 Euro Heizkosten nachzahlen soll – für einen Zeitraum von fünf Monaten.

Nach diversen Fällen extrem hoher Heizkostenabrechnungen will jetzt das Umweltressort prüfen lassen, ob der Konzern gegen Kartellrecht verstößt. Denn die Fernwärme, geliefert von der Firma Fernwärme Nord, liegt mit elf Cent pro Kilowattstunde deutlich über dem Preis der SWB: Dort kostet sie rund 8,5 Cent.

Das ist aber nicht der einzige Grund für hohe Heizkosten: Defekte Heizungen, die sich nicht abstellen oder -senken lassen, schlecht isolierte Häuser und undichte Fenster lassen den Energieverbrauch in die Höhe schnellen.

Oft seien die Heizungsanlagen veraltet, sagt Kornelia Ahlring, Geschäftsführerin des Bremer Mieterschutzvereins: „Man sollte sich, wenn möglich, die Nebenkostenabrechnung des Vormieters ansehen, bevor man einen Mietvertrag unterschreibt. Denn viele Häuser der Vonovia sind in keinem guten Zustand und verursachen Kosten, die man durch eine Wohnungsbesichtigung nicht absehen kann.“

Auch bei Posten wie Kaltwasser könne es zu bösen Überraschungen kommen: „Es gibt in alten Wohnungen dafür oft gar keine Zähler, also wird nach Wohneinheiten und Quadratmeterpreis abgerechnet – egal, wie viel ein Mieter tatsächlich verbraucht hat.“

Kornelia Ahlring, Mieterschutzverein Bremen

„Man sollte sich, wenn möglich, die Nebenkosten-abrechnung des Vormieters ansehen“

Die Nebenkosten bei der DAX-gelisteten Aktiengesellschaft seien insgesamt ein Problem, sagt Ahlring: „Aus Gartenpflege sind bei der Vonovia viele Einzelposten wie Gehölzpflege und Sandkastenpflege geworden. Es gibt für jeden einzelnen Bereich Tochtergesellschaften: für Hausreinigungen, Mängelbeseitigungen, Serviceleistungen – und wer diese Posten verstehen will, muss Geduld mitbringen.“ Denn der „Vermieter“ ist lediglich in Form eines Callcenters in Bochum erreichbar.

Auch beim Thema Modernisierungen müsse man als Vonovia-MieterIn stets ein Auge auf die Kosten haben: Elf Prozent der Modernisierungskosten können auf die Miete umgelegt werden, was die Vonovia in der Regel auch tut: „Manchmal handelt es sich dabei aber gar nicht um Modernisierungen, sondern um Instandhaltungsarbeiten – und die dürfen nicht zu Mieterhöhungen führen“, sagt Ahlring.

Aktuell beschäftigt den Mieterverein das Thema Kabelgebühren: „Obwohl sie gar nicht gestiegen sind, rechnet die Vonovia höhere Kabelgebühren ab als die Voreigentümer.“

Um das Thema Heizkostenabrechnungen kümmert sich jetzt auch der Bremer Erwerbslosenverband (BEV). Denn dort, sagt Herbert Thomsen vom BEV, hätten sich seit Jahresbeginn mittlerweile mehrere Vonovia-MieterInnen unter anderem aus Lüssum und Vegesack gemeldet, die Ende 2017 ihre Abrechnungen für 2016 erhalten haben: „Anders als in den Vorjahren wurde dort nicht nach Verbrauch, sondern ausschließlich nach der Größe der vermieteten Wohnung abgerechnet. Das bedeutet: Jemand, der sparsam geheizt hat, muss das gleiche zahlen wie jemand, der nonstop bei offenem Fenster seine Heizung aufgedreht hat“, sagt Thomsen. Das sei rechtswidrig: „Paragraf 7 der Heizkostenverordnung schreibt eindeutig eine Berechnung nach tatsächlichem Verbrauch vor.“

Auf Anfrage sagt Vonovia-Sprecher Max Niklas Gille: „Wir haben nicht genug Daten von den Ablesediensten bekommen.“ Wenn mehr als 25 Prozent der Daten lediglich geschätzt werden könnten, müsse die Abrechnung nach dem Verhältnis der anteiligen Heizflächen erfolgen: „Das schreibt uns Paragraf 9 der Heizkostenverordnung vor.“

Warum der Vonovia in den Vorjahren, nicht aber 2016 genügend Abrechnungsdaten für transparente Abrechnungen vorlagen, kann er nicht beantworten: „Manchmal können aus verschiedenen Gründen Ablesungen nicht vorgenommen werden, aber wir werden das nach Möglichkeit im nächsten Jahr wieder anders machen.“ Und bei individuellen Fragen „stehen wir unseren Kunden natürlich gerne zur Verfügung“.

Bei vielen MieterInnen führe die geänderte Jahresabrechnung nun zu erhöhten Vorauszahlungspauschalen, sagt Thomsen. Er rät Betroffenen, den Abrechnungen vorerst zu widersprechen, eventuelle Nachzahlungen nicht zu leisten „und sich bei Bedarf bei uns zu melden“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.