„Frankfurter Rundschau“ insolvent: „Einheitsbrei ist ein Problem“

Ohne starkes Profil kann eine Zeitung nicht überleben, sagt der Journalist Michael Konken. Missmanagement und Zusammenlegung schwächten die Zeitung.

„Wir werden eine Zeitung, die nicht mehr existiert, nicht mehr zurückholen können“, sagt Michael Konken. Bild: dpa

taz: Herr Konken, Sie haben schon anlässlich der Umbauarbeiten im April 2011 von einem „schwarzen Freitag“ für die Journalistinnen und Journalisten der „Frankfurter Rundschau“ gesprochen. Haben Sie das Ende kommen sehen?

Michael Konken: Ich hatte damals schon das Gefühl, dass das nicht lange gut gehen kann, ja. Was da beabsichtigt war, vor allem die Zusammenlegung der Redaktionen der Frankfurter Rundschau mit der Berliner Zeitung, schien mir nicht dazu angetan, das Profil der Zeitung zu stärken.

Woran hat es am Ende konkret gelegen?

Zunächst gab es ein jahrzehntelanges Missmanagement, was man auch an den häufigen Eigentümerwechseln gemerkt hat. Es ist versäumt worden, dieses Flaggschiff – denn das war die Frankfurter Rundschau, was mich besonders traurig macht – weiter zu stärken.

Ist mit der Zusammenlegung mit der Berliner Zeitung auch der lokale Charakter verloren gegangen?

Ihren lokalen Charakter hat sie mit der Beilage gehalten, mit eigenen Seiten. Aber die Frankfurter Rundschau ist auch deshalb bekannt geworden, weil sie darüber hinaus immer bundesweit ausstrahlte. Diese selbstständige Redaktion aufzugeben, das war der eigentliche Todesstoß.

59, ist Vorsitzender des Deutschen Journalistenverbandes. Der Verwaltungswirt lehrt an der Fachhochschule Oldenburg/Wilhelmshaven an der Universität Vechta.

Wenn Sie von Profil sprechen, meinen Sie damit auch eine politische Haltung?

Genau das ist schwierig geworden in der Medienlandschaft. Sie können Zeitungen immer noch politisch zuordnen. Aber diese krasse Abgrenzung, die es früher gab, wo man wirklich unterschiedliche Meinungen in unterschiedlichen Zeitungen fand, das hat sich in den vergangenen Jahren neutralisiert. Wenn ich nur noch publizistischen Einheitsbrei habe, ist das ein Problem.

Wie hätte man gegensteuern können?

Indem man die Qualität steigert und intensiver überlegt, wie man sich den Herausforderungen des neuen Marktes stellen kann, auch online. Die Eigenständigkeit des Blattes aufzugeben, war mit Sicherheit der Beginn des Niedergangs.

Der Zeitungsleser stirbt aus. Ist versäumt worden, ein nachwachsendes Publikum an eine „Marke“ zu binden?

Wir wissen aus Studien, dass das Informationsbedürfnis junger Menschen weiter zurückgeht. Man hat aber auch in der Vergangenheit keinen besonderen Wert darauf gelegt, jungen Menschen gewisse Themen zu vermitteln.

Zumal es auch kostenlose Angebote im Internet gibt.

Das war natürlich der größte Fehler, den man am Anfang gemacht hat.

Sollte es öffentlich-rechtlichen Printjournalismus geben?

In Skandinavien werden Zeitungen über Stiftungen unterstützt. Wir müssen überlegen, wie wir durch neue Modelle Zeitungen erhalten können. Diese und andere Überlegungen sind nicht neu. Aber bevor wir keine Zeitungslandschaft mehr haben, muss man überlegen, wie man sie mit anderen Modellen erhalten kann. Wir müssen eingreifen, wenn der Markt versagt. Wir werden eine Zeitung, die nicht mehr existiert, nicht mehr zurückholen können.

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