Frankfurts OB über die IAA: „Das hat es bislang nicht gegeben“

Seit Jahren ist es Tradition, dass Frankfurts Oberbürgermeister das Grußwort auf der IAA hält. Dieses Jahr wurde er nicht eingeladen. Warum?

Peter Feldmann trägt einen gestreiften Schal und lächelt in die Kamera

„Die Themen Klimawandel und Verkehr sind eng miteinander verknüpft“, sagt Feldmann Foto: imago images / Jan Huebner

taz: Herr Feldmann, was haben Sie gedacht, als der Verband der Automobilindustrie (VDA) Ihnen mitgeteilt hat, dass Sie dieses Jahr nicht zur IAA-Eröffnung eingeladen sind?

Peter Feldmann: Ehrlich gesagt war ich ein bisschen überrascht. Dass der Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzende der Frankfurter Messe bei der IAA kein Grußwort hält, hat es bislang noch nicht gegeben.

Meinen Sie, Ihre Rede war dem VDA zu kritisch?

Die Rede kannte der VDA vorher ja nicht. Aber bei der letzten Eröffnung der IAA vor zwei Jahren habe ich schon das eine oder andere Wort in Richtung Automobilindustrie gesagt, das jetzt vielleicht nicht jedem gefallen hat. Ich hatte allerdings ähnliches für dieses Jahr angekündigt.

Sie fordern eine Mobilitätswende und weniger SUVs. Das dürfte nicht im Sinne des VDA sein.

In Städten wie Frankfurt geht es eigentlich gar nicht anders. Der Platz ist begrenzt, da können wir nicht darüber diskutieren, die Stellplätze von Parkhäusern zu vergrößern, weil die neuesten Karossen dort nicht mehr reinpassen. Aber wie wir die Verkehrsströme organisieren, sodass weniger Menschen morgens und abends im Stau stehen, wie wir es schaffen, dass mehr Menschen auf Bus, Bahn oder das Rad umsteigen, wie wir genug Stromtankstellen schaffen und die Autos vernetzen – das sind wichtige Fragen für uns alle.

Sie sagen, die Verantwortung dürfe nicht bei den Verbrauchern abgeladen werden, die Industrie müsse sich stattdessen an die Gesetze halten. Nach allem, was bekannt ist, wäre es aber fast naiv zu glauben, dass dort Einsicht einkehren wird. Wäre es nicht Zeit für harte Sanktionen?

Ich würde mir wünschen, dass die Bundesregierung forscher auftritt. Die Nachrüstung von Diesel-Fahrzeugen wurde zu zögerlich angegangen. Die Städte stehen außerdem vor dem Problem, dass sie nur wenig von Berlin unterstützt werden. Etwa, wenn es darum geht Elektrobusse anzuschaffen oder Handwerkern und dem Gewerbe zu helfen. Klar ist: ohne Autos, ohne Busse, ohne Lastwagen wird es in den Städten nicht gehen. Und: Die Menschen müssen davor sicher sein, dass ihr teuer erkauftes Fahrzeug plötzlich nichts mehr wert ist.

Sie bedanken sich bei den Protestierenden. Wieso?

60 Jahre, ist seit 2012 Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt am Main.

In Frankfurt haben wir in der Geschichte immer gute Erfahrungen mit Protestbewegungen gemacht. Zu einer Stadt der Händler gehört eben auch, dass man diskutieren, mitreden, mitentscheiden will. Das war 1848 so, als hier das erste deutsche Parlament zusammenkam. Das war 1968 so, als Frankfurt eines der Epizentren der Studentenbewegung war. In den vergangenen Jahren haben die Frankfurterinnen und Frankfurter für mehr Mieterrechte demonstriert, für günstigere Fahrpreise, für besser ausgestattete Schulen, kostenlose Kindergärten … und diese Forderungen sind letztlich in politische Entscheidungen umgemünzt worden.

Es werden mehr Sozialwohnungen gebaut, es gibt 365-Euro-Tickets für Schüler und Senioren, Schulen werden gebaut und renoviert, Kindergärten sind endlich kostenlos – und zuletzt hat die Initiative Radentscheid dafür gesorgt, dass das Parlament für den massiven Ausbau von Fahrradwegen gestimmt hat. Proteste bringen etwas in Gang – man sieht es ja auch bei der IAA.

Ist die IAA im Jahr 2019 nicht mehr angemessen?

Eine neue IAA wäre es. Eine IAA, die uns hilft zu verstehen, wie wir die sozial-ökologische Verkehrswende schaffen. Wie wir mit Bus oder Bahn, mit dem Fahrrad oder dem Auto schneller und umweltfreundlicher ans Ziel kommen. Es gibt gute Ansätze auf der IAA. Wie jene Konferenzprogramme, die sich genau mit diesen Fragen auseinandersetzen. Doch von einer breiten gesellschaftlichen Debatte sind wir entfernt, wenn man versucht, Wirtschafts- und Umweltfragen gegeneinander auszuspielen.

Sie sitzen im Aufsichtsrat der Messe. Werden Sie dagegen stimmen, dass die IAA nochmal in Frankfurt stattfindet?

Frankfurt ist eine Messe-Stadt seit hunderten von Jahren. Der Grund dafür ist, dass Messen nicht nur Orte sind, um Geschäfte zu machen. Messen sind Marktplätze der Ideen, des Austauschs von Menschen aus verschiedensten Ecken der Welt. Zu einer Pendlerstadt wie Frankfurt würde eine „Neue IAA“ passen.

Sie haben Ihre Rede auf Facebook veröffentlicht. Welche Reaktionen haben Sie bekommen?

Manche meinten schon scherzhaft, ich solle öfter Reden nicht halten – damit sie mehr Aufmerksamkeit bekommen. Der Zuspruch auf Facebook und Twitter hat mich jedenfalls gefreut. Er zeigt: Die Themen Klimawandel und Verkehr sind eng miteinander verknüpft. Und sie berühren viele Menschen. Das kann man nicht einfach ignorieren.

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