Frankreichs Ex-Premier Villepin: Sarkozys Intimfeind freigesprochen

Das Verfahren um die sogenannte Clearstream-Affäre ist beendet. In einer französischen Intrige aus der Welt der Politik und des Geldes siegt Sarkozys Intimfeind Villepin.

Im Fokus der Medien: Dominique de Villepin Bild: ap

PARIS taz | Die Justiz hat dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy seinen gestrigen 55. Geburtstag gründlich verdorben. Dieser hatte sich als Geschenk von den Richtern den Kopf sein politischen Gegners Dominique de Villepin gewünscht. Stattdessen verließ der frühere Premierminister gestern den Gerichtssaal mit weißer Weste, einem strahlenden Gesicht und unter dem Applaus seiner Fans.

Er war vom Pariser Strafgericht, das nach wochenlanger Beratung gestern das Urteil im sogenannten Clearstream-Prozess verkündete, in allen Punkten freigesprochen worden. Unschuldig ist laut den drei Richtern auch der Journalist und Schriftsteller Denis Robert, dem zugute gehalten wird, dass er bei seinen Recherchen über Clearstream bloß seine Arbeit getan habe - was auf dem Nebenschauplatz der Pressefreiheit einen nicht unwichtigen Sieg darstellt.

Drei Mitangeklagte in diesem Sensationsprozess wurden dagegen schuldig befunden. Der frühere Eads-Vizepräsident Jean-Louis Gergorin und sein Mitarbeiter, der Informatiker Imad Lahoud müssen für eine Verleumdungskampagne gegen eine Reihe von Prominenten aus Wirtschaft und Politik büßen. Beide wurden zu je drei Jahren Haft verurteilt, wovon Gergorin 15 Monate und Lahoud 18 Monate als Strafanteil ohne Bewährung hinter Gittern verbüßen sollen.

Das Gericht hält es für erwiesen, dass Lahoud im Auftrag von Gergorin zahlreiche Namen auf eine ursprünglich authentische Liste von Konten beim luxemburgischen Geldinstitut Clearstream hinzufügt hat. Ein ehemaliger Mitarbeiter eines Audit-Büros, der eine echte Kopie der Clearstream-Liste weitergegeben hatte, wurde gestern lediglich des Vertrauensbruchs für schuldig erklärt.

Bei der Clearstream-Affäre handelt es sich um eine komplizierte Intrige, deren Einzelheiten auch bei den Gerichtsverhandlungen im letzten Jahr nie ganz ans Tageslicht kamen. Diverse Querverbindungen zu anderen Staatsaffären (zum Beispiel die Korruption beim Verkauf von Fregatten an Taiwan) und die mögliche Beteiligung anderer Politiker wurden nicht weiterverfolgt. Das Gericht konzentrierte sich auf die Fälschung der Clearstream-Listen.

Der Zweck dieser Manipulation war es, diverse Persönlichkeiten in Zusammenhang mit Schmiergeldzahlungen bei Rüstungsgeschäften ins Zwielicht zu bringen. Mitte 2004 wurden diese gefälschten Daten anonym an einen Untersuchungsrichter geschickt. Der Absender war Gergorin. Und weil sich unter den angeschwärzten Leuten auch der spätere Präsidentschaftskandidat Nicolas Sarkozy befand, nahm diese Affäre rasch eine politische Wende. Denn bald wurde auch bekannt, dass Gergorin in Januar 2004 seinen langjährigen Freund Villepin und auch den damaligen Staatschef Jacques Chirac informiert hatte. Dominique de Villepin, der zu jener Zeit Außenminister war, wies den Geheimdienstoberst Philippe Rondot an, Nachforschungen anzustellen, deren Ergebnisse angeblich für Chirac bestimmt waren.

Wollte dieser zusammen mit Villepin den ehrgeizigen Sarkozy daran hindern, bei den Präsidentschaftswahlen zu kandidieren? Das klingt plausibel, konnte aber nicht belegt werden. Sarkozy machte ein Wahlkampfargument daraus, er drängte später als gewählter Präsident die Justiz zu unnachgiebiger Verfolgung der Schuldigen, die er am liebsten "an einem Schlächterhaken hängen" sehen wollte.

Für das Strafgericht gibt es nun aber keinerlei Beweise, dass Villepin an diesem Komplott beteiligt war. Und da es auch nicht mit Gewissheit davon ausgehen konnte, dass die kompromittierenden Listen gefälscht waren, machte Villepin sich auch nicht einer Beihilfe durch Tatenlosigkeit schuldig, wie der Staatsanwalt in seinem Plädoyer gegen Villepin argumentiert hatte. Beim Prozessbeginn hatte Dominique de Villepin im Herbst gesagt, er sei zu Unrecht angeklagt und dies nur "wegen des Eifers von Nicolas Sarkozy". Das Gerichtsurteil ist darum ein klarer Sieg für Villepin, der sich bereits als bürgerliche Alternative zu Sarkozy für 2012 qualifiziert fühlt.

Noch aber ist nicht klar, ob er mit diesem Freispruch nur einen Etappensieg erzielt hat. Zwar haben die zivilen Nebenkläger, und unter ihnen Sarkozy, nicht das Recht, Berufung einzulegen, doch der ihm angeblich nahestehende Staatsanwalt Jean-Claude Martin hatte noch vor dem Urteil gegenüber Journalisten gesagt, er werde die Affäre im Fall eines Freispruchs für Villepin in die nächste Instanz bringen. Damit wäre für eine Verlängerung bei diesem Hahnenkampf und Politkrimi gesorgt.

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