Frankreichs Premier im Flüchtlingslager: Valls als Grenzwächter in Calais

Beim Besuch in einem Aufnahmezentrum gibt sich Manuel Valls standfest und humanitär zugleich. Um den „Dschungel“ macht er aber einen Bogen.

Premier Valls kommt durch die Tür. Im Gang steht ein kleiner Junge.

Streicheleinheiten und Hartleibigkeit: Manuel Valls betritt das Aufnahmezentrum für Flüchtlinge in Calais. Foto: dpa

PARIS taz | In Calais hat der französische Premierminister Manuel Valls am Montag das Aufnahmezentrum besucht, in dem tagsüber Flüchtlinge und Migranten Essen, medizinische Hilfe und juristische Beratung finden. Valls kam mit dem Innenminister, Calais’ Bürgermeister, den EU-Kommissaren Frans Timmermans und Dimitris Avramapoulos sowie mit zahlreichen Medienvertretern. Sehr verblüfft waren die aus Syrien, Libyen, Afghanistan, Somalia, Sudan, Eritrea und Äthiopien stammenden Flüchtlinge über diesen großen Bahnhof nicht. Denn der Besuch war vorbereitet worden.

Vor den Kameras küssten Valls und der Innenminister zwei Kinder aus Afrika. Es ging darum, neben Härte und sicherheitspolitischer Standfestigkeit Menschlichkeit zu demonstrieren. Valls besuchte aber nicht das benachbarte wilde Camp, den „Dschungel“, in dem 3.000 Migranten in Zelten und Hütten unter unsäglichen Bedingen (über)leben. Sie wollen fast alle als blinde Passagiere in Lkws durch den Eurotunnel oder per Fähre über den Ärmelkanal nach Großbritannien gelangen.

Mit den erhöhten Zäunen und der verschärften Bewachung der Tunnelzugänge sind die Risiken für die Flüchtlinge massiv gestiegen. Mehr als ein Dutzend von ihnen haben den Versuch, auf Züge oder Laster aufzuspringen, schon mit dem Leben bezahlt. Mit Stacheldraht aber lasse sich keine Asylpolitik machen, räumte Valls ein. Wer in seinem Land verfolgt oder misshandelt wurde oder unter Lebensgefahr vor Unterdrückung fliehen musste, dürfe darum in Frankreich auf menschenwürdige Aufnahme zählen, versicherte er. Die Realität sieht aber nicht ganz so aus: Frankreich nimmt weit weniger Flüchtlinge auf als Deutschland.

Den Spagat zwischen Härte und Menschlichkeit versuchte der Regierungschefs auch in seiner Ansprache: Frankreich werde seinen Grundwerten entsprechend Solidarität üben, zugleich aber auf der Verteidigung der Grenzen bestehen. Das Schengen-Abkommen bestehe ja nicht nur in der Aufhebung der internen Passkontrollen, so Valls, sondern auch in der verstärkten Sicherung der Außengrenzen.

Die innenpolitische Botschaft des Medienevents in Calais war klar: Vor wachsendem fremdenfeindlichen Druck will die Regierung zeigen, dass sie handelt und nicht passiv bleibt. Nach den Ankündigungen der deutschen Bundeskanzlerin will Frankreich nicht hintanstehen und seinen humanitären Beitrag zur Linderung des Flüchtlingsproblems leisten. Dabei machte Valls aber keine spektakulären Versprechen. EU-Kommissar Timmermans sicherte seinerseits 5 Millionen Euro zur Verbesserung der Situation der Migranten und der Kontrollen in Calais zu.

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