Frankreichs Team begeistert: Die Möwe Bruno

Die WM hat endlich einen Favoriten: Les Bleus demontieren Kanada mit 4:0. Sogar der Trainer ist so begeistert, dass er nicht mehr aus dem Schwärmen kommt.

Bringt ihren Trainer zum schwäremen: Louisa Necib (r) Bild: dapd

BOCHUM taz | Der Weltfußball sortiert sich neu. Mit einem für diese WM herausragenden Auftritt ist Frankreich ins Viertelfinale eingezogen. So weit ist eine französische Nationalmannschaft noch nie gekommen.

Was sich schon in der Qualifikation angedeutet hatte, als Frankreich 53 Tore schoss und nur zwei kassierte, findet im Turnier nun seine Fortsetzung. „Deutschland wird nicht immer die Nummer eins sein“, hatte der französische Trainer Bruno Bini schon vor dem Turnier gesagt. Nächsten Dienstag spielt sein spektakuläres Team im Gruppenfinale gegen Deutschland nun um den Ehrentitel der besten Vorrundenmannschaft in Gruppe A und ein paar Tage später vielleicht um den Weltmeisterinnenpokal. Seit dem 4:0 gegen wahrlich nicht schlechte Kanadierinnen am Donnerstag in Bochum ist Frankreich mehr als ein Geheimfavorit.

Das weiß auch Bruno Bini. Der hat zwar gesagt: „Wir spielen hier nur um den zweiten Platz, Weltmeister wird sowieso Deutschland“, doch geglaubt hat ihm das niemand. Zu begeistert war er selbst vom Auftritt seiner Mannschaft. Wie ein Fan schwärmte er von der Leistung seiner Spielerinnen. „Herausragend“, fand er die zweifache Torschützin Gaetane Thiney, die nach einer längeren Durststrecke wieder voll da sei. „Altruistisch“ nannte er den Auftritt der von ihm jüngst als Sonnenstrahl bezeichneten Ausnahmetechnikerin Louisa Necib. Und ausdrücklich bedankte sich Bini bei Sonia Bompastor, die sich links hinten mit aller Kraft und manchmal sogar ein bisschen mehr als der nötigen Härte der kanadischen Kraftangreiferin Christine Sinclair in den Weg warf. In weniger als einer Minute hatte er beinahe alle Spielerinnennamen aufgezählt und ihnen lobende Attribute zugewiesen.

Ja, der Trainer liebt sein Team. Ihm gefällt, was auch das Bochumer Publikum gefeiert hat: das Durchsetzungsvermögen in der Abwehr, die Ballsicherheit auch in Bedrängnis, das athletische Laufspiel über außen und vor allem die präzisen Pässe, die auch Carolina Morace, die Trainerin der nun aus dem Turnier ausgeschiedenen Kanadierinnen, lobend erwähnte.

Bini ist derart von seiner Mannschaft überzeugt, dass er sich auch vor ihr überzeugen lässt. Die Doppelsechs vor der Abwehr habe sich sein Team gewünscht, sagte er. Er erfüllte ihm den Wunsch. Und war – natürlich – voll des Lobes über die Ausführung. Elise Bussaglia und Sandrine Soubeyrand hätten irrsinnig viel gearbeitet und regelrecht „herausgestrahlt“ in diesem Spiel. Recht hat er. Während Erstere das schnelle Kombinationsspiel der Französinnen mit kurzen Flachpässen auf die ideenreiche Camille Abily anstieß, fand Soubeyrand die schnellen und ballsicheren Stürmerinnen mit weiten und hohen Bällen. Bini legte Wert darauf, festzustellen, dass es die Spielerinnen selbst waren, die sich diese Formation ausgedacht hatten. Und er? Was ist seine Rolle?

„Träume werden nur durch Taten verwirklicht“

„Ich bin eine Möwe“, sagte er nach dem Spiel. „Sie kennen doch die Geschichte der Möwe Jonathan“, fuhr er fort und fügte an: „Ich glaube, die Möwe Jonathan wäre ein guter Trainer gewesen.“ Und so merkwürdig diese Äußerungen klangen, sie sind durchaus schlüssig. Bini könnte seine Spielerinnen mit der durchaus zu Recht als esoterisch verschrienen Geschichte der Möwe Jonathan von Richard Bach positiv verstrahlt haben. In dem Buch finden sich Sätze wie: „Durchbrecht die Beschränktheit eures Denkens, und ihr zerbrecht auch die Fesseln des Körpers.“ Oder, der vielleicht berühmteste Satz aus dem Werk: „Träume werden nur durch Taten verwirklicht, nicht durch Ideen.“

Sätze sind das, die zum Motivationswortschatz jedes Trainers gehören könnten. Die Möwe Jonathan in Bachs Roman will fliegen um des Fliegens willen, nicht nur um das Überleben sicherzustellen. Bini predigt das Fußballspielen als Bewusstseinserweiterung. Und hat mit seinen Spielerinnen eine Sekte geformt, deren Ziel – neben dem Gewinnen natürlich – das schöne Spiel ist.

Bini hat es jedenfalls geschafft, dass seine Spielerinnen diese „Mach es, und du schaffst es“-Mentalität vollkommen verinnerlicht haben. Gaetane Thiney, die zweifache Torschützin, hat keine Scheu davor, vom Titelgewinn zu sprechen. „Vor ein paar Wochen hat noch keiner mit uns gerechnet, aber jetzt werden wir Schritt für Schritt in Richtung Sieg arbeiten“, sagte sie. Hört, hört!

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