Französische Sozialisten: Neuer Vorsitzender nominiert

Harlem Désir soll im Herbst den Parteivorsitz übernehmen. Der Gründer von „SOS Racisme“ will für die Loyalität zu Staatspräsident Hollande sorgen.

Akzeptabler Kompromiss: Der designierte Sozialistenchef Harlem Désir. Bild: reuters

PARIS taz | Nach einem Interimsjob an der Parteispitze hat der französische Sozialist Harlem Désir beste Aussichten auf eine Festanstellung. Während der Primärwahlen zur Nominierung des Präsidentschaftskandidaten hatte er für ein paar Monate provisorisch die Parteileitung übernommen.

Denn die bisherige Chefin des Parti Socialiste (PS), Martine Aubry, hatte damals im Herbst 2011 selber versucht, das Rennen zu machen. Jetzt aber mag sie den Parteivorsitz nicht länger behalten. Es ist bekannt, dass sie sich nie gut mit den heutigen Staatschef François Hollande verstanden hat.

Harlem Désir ist der geeignete Mann, der für die verschiedenen internen Strömungen und Clans einen akzeptablen Kompromiss darstellt. Er hat zudem bereits bewiesen, dass er Hollande gegenüber loyal ist. Genau das wird von ihm in der zukünftigen Parteiführung erwartet.

Seine Wahl erfolgt Ende Oktober beim Parteikongress in Toulouse. Nachdem er aber am Mittwoch von Aubry und Premier Jean-Marc Ayrault als Nachfolger vorgeschlagen worden ist, gilt er als designiert und so gut wie gewählt. Höchstens vom minoritären linken Parteiflügel könnten Einwände kommen gegen einen Ersten Parteisekretär, der den internen Kritikern als allzu versöhnlich vorkommen dürfte.

Kampf gegen Rassismus

Es ist lange her, als er als Philosophiestudent an der Sorbonne mit der Politik bei den Trotzkisten begann, bevor er dann mit anderen in der PS Karriere machte. Den Franzosen ist der heute 52-jährige Désir vor allem als Mitbegründer der Bewegung „SOS Racisme“ bekannt.

Für diese Rolle im Kampf gegen Intoleranz, Rassismus und Antisemitismus war er fast prädestiniert: Sein Vater kommt aus Martinique, seine Mutter ist eine Jüdin aus dem Elsass. Mit ihm an der Parteispitze können die Sozialisten auch darauf pochen, dass sie der „Diversität“ der französischen Gesellschaft gebührend Rechnung tragen.

Désirs Rolle wird sein, nach innen den politischen Rückhalt für die Regierung zu verteidigen und dies nach außen als freundschaftliche, aber dennoch kritische Unterstützung zu verkaufen. Die Regierung braucht seiner Ansicht nach nicht nur Schützenhilfe, sondern auch innovative Ideen und Anstöße.

Martine Aubry geht mit gemischten Gefühlen. Denn sie hat ihre Ambitionen, eines Tages doch noch eine Hauptrolle zu spielen, nicht definitiv aufgegeben. Obwohl mit der Wahl von Präsident Hollande Aubrys Tage an der Parteispitze gezählt waren, hat sie die Rücktrittsentscheidung hinausgezögert. Désir ist laut Umfragen für rund drei Viertel der Parteimitglieder der richtige Mann für die Aufgaben. Nichts garantiert indes, dass nicht auch er selbst nach höheren Ämtern und Ehren streben will.

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