Frauenquote bei Medizinern: Mehr Frauen an die Spritze

Jetzt fordern auch Ärztinnen eine Quote: 30 Prozent für Klinikchefs bis 2017. Danach soll die Hälfte aller Leitungsposten mit Frauen besetzt werden.

Ärztinnen sind zu selten auch Chefinnen. Bild: dpa

BERLIN taz | 30 Prozent Frauen in Chefsesseln in Krankenhäusern, Universitätskliniken und im öffentlichen Gesundheitsdienst bis 2017. Weitere fünf Jahre später sollen es 50 Prozent auf allen Hierarchieebenen sein. Das fordert der Deutsche Ärztinnenbund (DÄB) in einem Aufruf, der der taz exklusiv vorliegt.

Damit streben jetzt auch Frauen in der Medizin eine feste Quote an, nachdem das bereits Frauen in den Medien getan haben. Letztere wollen, dass 30 Prozent der Chefposten weiblich besetzt sind. Dafür haben sie mit ProQuote eigens einen Verein gegründet, der die taz-Ausgabe vom 17. November gestaltete.

„Auf den Lehrstühlen und Chefarztsesseln sind Frauen selten anzutreffen. Ärztinnen und Wissenschaftlerinnen fordern jetzt: die Quote“, heißt es in dem Brief, der demnächst unter anderen an Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP), die Bundesärztekammer, den Deutschen Ärztetag sowie die Berufsverbände verschickt werden soll.

Lediglich 9 Prozent der Medizinlehrstühle sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes mit Frauen besetzt. Der größte Teil von ihnen arbeitet in der Forschung, wie Gabriele Kaczmarczyk, Anästhesistin und Professorin an der Berliner Charité, sagt: „Im klinischen Bereich, dort, wo medizinische Standards gesetzt werden, gibt es sehr wenige Frauen.“ So sind von bundesweit 35 medizinischen Fakultäten nur zwei mit einer Frau besetzt: Marion Kiechle ist die erste Frau, die einen Gynäkologie-Lehrstuhl innehat. Sie lehrt an der Frauenklinik rechts der Isar in München. Doris Henne-Bruns hat es am Universitätsklinikum Ulm als einzige Bauchchirurgin in Deutschland bislang auf einen Chirurgie-Lehrstuhl geschafft.

Die Quoten-Aktion wurde von Gabriele Kaczmarczyk und vier weiteren Ärztinnen initiiert. Bisher haben den Aufruf rund hundert Medizinerinnen unterschrieben, darunter Kiechle, Henne-Bruns und Anke Klein-Tebbe, Leiterin eines Brustzentrums in Berlin. Eine Website dazu soll demnächst online gehen.

Spätestens bei der Habilitation ausgebremst

Der Zuspruch zur Medizin-Quote ist unter Ärztinnen nicht unumstritten. So sei der „Auserwähltheitsgedanke“, wie Kaczmarczyk es ausdrückt, unter den Frauen groß: Die Branche werde schon merken, wenn eine besonders gut ist und sie dann befördern, eine Quote sei nicht nötig. Aber das sei ein Irrglaube, sagt DÄB-Präsidentin und Allgemeinmedizinerin Regine Rapp-Engels. Derzeit sind über 60 Prozent der Medizinstudierenden Frauen, in der Facharztausbildung finden sich noch etwa 35 Prozent und bei den Habilitationen nur noch 20 Prozent. „Spätestens an dieser Schwelle werden Frauen ausgebremst“, bekräftigt Kaczmarczyk.

Dass es Frauen nicht weiter nach oben schaffen, habe wenig mit einer unbefriedigenden Kinderbetreuungssituation zu tun, wie Chef- und Oberärzte vielfach behaupten. Sondern laut Kaczmarczyk mit „subtiler Diskriminierung“: „Männliche Vorgesetzte fördern Oberärztinnen nicht.“

Andererseits sind Frauen meist zufrieden mit ihrem Job in der Klinik oder im Krankenhaus. Darüber hinaus wollen sie nicht – so wie viele ihrer Kollegen – 60 Stunden in der Woche rackern. Dagegen kann etwas getan werden, ist sich Kaczmarczyk sicher: „Wenn mehr Frauen an der Spitze sind, ändert sich einiges.“

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