Frauenrollen in „Mad Max“: Mütter in die Wüste schicken

Die Kritik der Männerrechtler an dem Actionfilm ist sexistisch. Doch sein feministischer Anspruch scheitert am Bild der Frau als Mutter.

Szene aus Mad Max mit drei Frauen

Wo gehts zum grünen Ort der Mütter? Courtney Eaton, Riley Keough, Rosie Huntington-Whiteley in „Mad Max“. Foto: Village Roadshow Films

„Ich bin ein Mann. Mein einziger Instinkt ist das Überleben“, röhrt Mad Max in die Wüstenlandschaft und stopft sich eine Echse in den Mund. Die erste Szene des neuen Films überzeugt mit klaren Statements. Ein Mann ist ein Mann, weil er (über)lebt. Und der Rest der Welt? Besteht in „Mad Max“ aus einem postapokalyptischen Wüstenszenario, in dem tribalistisch-barbarisch anmutende Schrottplatzgestalten sich in plump gewalttätiger Manier um Sprit und Wasser bekriegen.

Der viel spannendere Kampf findet allerdings in der Realität statt und dreht sich um die Deutungshoheit über die feministische Auslegung des Films. US-amerikanische Männerrechtler haben ihre vermeintlichen Geschlechtsgenossen zum Boykott des Films aufgerufen, weil sie ihn als feministische Propaganda ansehen: als einen Trick, der den Männern solides Actionkino glaubhaft machen will, ihnen dann aber eine feministische Lektion erteilen würde. Wäre es doch nur so leicht!

Es fällt leicht, darüber zu lachen, dass die Männerrechtler des Blogs “Return of Kings“ (ROK), es nicht ertragen, dass Charlize Theron als Imperator Furiosa dem Helden Mad Max in Stärke und Härte nicht nachsteht, sondern ihm auch noch Befehle erteilt und besser schießen kann.

Es wirkt nahezu kindisch, dass der Autor von ROK unterstellt, männliche Zuschauer würden durch eindrucksvolle visuelle Tricks in den Film gelockt und bekämen statt dessen eine feministische Gehirnwäsche verpasst. Er muss wohl annehmen, Männer wären so reflexionsarme Reiz-Reaktionsmaschinen, dass es ihnen nicht möglich wäre, über den gesellschaftspolitischen Gehalt eines Films selbstbewusst zu urteilen.

Weltfremde Kritik

Angeheizt von dieser plumpen Steilvorlage können liberale Blogger_innen und Journalist_innen den Männerrechtlern mit Leichtigkeit ihre lächerliche Rückständigkeit gegenüber einem längst modernisierten Frauenbild vorhalten und darauf verweisen, dass die weltfremde Kritik an den starken Frauenrollen im Film um so mehr Besucher_innen in die Kinos ziehe.

Doch das Aufbegehren der Männerrechtler sollte nicht nur Anlass für ein müdes Lächeln sein, es ist ein mehr als bedenkliches politisches Statement: Sie hetzen nicht nur gegen Feminist_innen, sondern auch gegen Homosexuelle und Linke. Ihre reaktionär-biologistischen Gesellschaftsvorstellungen sind häufig verschwörungstheoretisch begründet: In Deutschland glauben die Maskulinist_innen, eine „Femokratie“ (Frauenherrschaft) sei an der Macht, die alle sozialen und politischen Strukturen durchdringe und im Namen des Gender-Mainstreamings Männer unentwegt benachteilige.

So werden die „Herren der Schöpfung“ zu Opfern der Gleichberechtigung stilisiert, die unterdrückte Frau zur weiblichen Unterdrückerin verkehrt. Die Maskulinist_innen sorgen längst nicht mehr nur im Internet mit Hetzkampagnen für ein Klima der Angst und Bedrohung unter feministischen Autor_innen. Spätestens die Äußerungen des Bestsellerautors Akif Pirinçci und seiner Anhänger zur Debatte um sexuelle Vielfalt in Deutschland haben gezeigt, dass Männerrechtler hasserfüllt und gewaltbereit gegen Andersdenkende eingestellt sind und ihre Verbindungen bis in die rechte Szene reichen.

Frauen als erdverbundene Bruthennen

Aber was genau wird bei „Mad Max“ eigentlich gegen die Antifeministen_innen hochgehalten? Eine Frau, deren erklärtes Ziel es ist, an den „grünen Ort der vielen Mütter“ zu gelangen. Eine Frau, die fünf andere aus ihrer Gefangenschaft als Bruthennen des obersten Herrschers befreit, nur um sie an einen Ort zu bringen, an dem sie auch nur eines sein dürfen: Mütter.

Die Funktion der Frau bleibt dabei die einer Reproduktionsmaschine, egal ob im diktatorischen, patriarchalen Wüstenstaat oder im grünen, klimafreundlich aufbereiteten Frauen-Nirvana. Die fünf Befreiten hatten sich geschworen, sich nie wieder als „Ding“ bezeichnen zu lassen. Sie wollten aus ihrem Objektstatus heraustreten, doch sie erwartet nur wieder die Reduktion auf das geschlechterrollenfixierte Klischee der fruchtbaren Frau.

Selbst eine Horde alter Kämpferinnen auf Motorrädern, die als feministisches Highlight die Rettung der Wüstengesellschaft herbeiführen, verkehrt die Möglichkeit der Befreiung von traditionellen Frauenbildern in die Ideologie matriarchaler Erdverbundenheit: Die Bikerinnen wollen nichts anderes, als das was Frauen schon viel zu lange zugeschrieben wird: In ursprünglicher Einheit mit Mutter Erde aus Samen Lebewesen großziehen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.