Freihandelsgegner zu Handelsabkommen: „Das Gegenteil von Trump“

Aktivist Ernst-Christoph Stolper über den Widerstand gegen neoliberale Handelspolitik und die Pläne des Bündnisses für Gerechten Welthandel.

Zwei Männer auf einer Tribüne: Einer reckt die rechte Faust in Siegrpose, daneben klatscht ein mann, der wie der US-Präsident Tump aussieht

Die Furcht vor Trumpnachahmern macht es den FreihandelskritikerInnen schwer Foto: dpa

taz: Herr Stolper, sind die AktivistInnen gegen Freihandelsabkommen nicht Helfershelfer von US-Präsident Trump, der gerade den Welthandel in den Crash führt?

Ernst-Christoph Stolper: Nein. Wir haben mit dem, was Trump will, nichts zu tun. Er ist ein Produkt der radikalen Globalisierung und der Angst der Menschen, die Kontrolle zu verlieren. Er macht Druck nach unten und zielt auf Entsolidarisierung. Wir wollen die Macht der Konzerne beschränken und demokratische Spielräume erweitern. Das ist das Gegenteil des Programms von Trump.

Das Bündnis für Gerechten Welthandel, also die früheren Stopp-TTIP-AktivistInnen, haben neuen Widerstand gegen Ceta, das Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada, angekündigt. Braucht die EU angesichts von Trump nicht gerade mehr Freihandel mit Staaten wie Kanada?

Wir lehnen die Ratifizierung von Ceta weiterhin ab, weil es kein positives Abkommen ist – auch wenn das interessierte Kreise so darstellen. Ceta gefährdet den Verbraucherschutz und die öffentlichen Dienstleistungen. Es stärkt die Macht der internationalen Konzerne. Die Welt braucht nicht mehr radikalen Freihandel. Er ist nicht die Medizin, sondern das Gift. Immer mächtigere internationale Konzerne – das ist der Nähr­boden, auf dem Rechtspopulisten wie Trump erst möglich werden.

Viele Menschen haben angesichts von Trump Angst vor einer Weltwirtschaftskrise. Müssen die FreihandelsgegnerInnen ihre Debatten nicht ganz anders führen als früher?

Rund 100 TeilnehmerInnen haben am Wochenende bei einer Konferenz des Netzwerks Gerechter Welthandel in Frankfurt/Main über Aktionen gegen die EU-Handelspolitik beraten. „Seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten versucht die Europäische Kommission nun mit Unterstützung der Bundesregierung eine neue Offensive neoliberaler Handelspolitik“, heißt es in der Abschlusserklärung. Kommission und Bundesregierung weckten den Eindruck, als gäbe es nur die Alternative zwischen radikaler Freihandelspolitik und rechtspopulistischer Abschottung. Das sei falsch.

Wir müssen die Diskussion noch mehr zuspitzen und deutlich machen, dass es bei Ceta und weiteren Handelsabkommen um Probleme geht, bei denen wir eine breite Unterstützung in der Bevölkerung haben: der Nachfrage nach gesunden Lebensmitteln, der Ablehnung industrieller Landwirtschaft, dem Klimaschutz oder dem Schutz öffentlicher Dienstleistungen.

Viele fürchten bei Zöllen von 25 Prozent auf deutsche Autos Exporteinbrüche.

Es wird Zeit, die Außenhandelspolitik Deutschlands zu überdenken. Seit Jahrzehnten wird Deutschland wegen seiner Außenhandelsüberschüsse kritisiert – nicht nur aus den USA. Trump macht jetzt Ernst. Das ist ein guter Anlass, uns stärker auf das Wesentliche zu konzentrieren, statt die Welt mit neoliberalen Handelsabkommen zu beglücken. Wir brauchen ein ökologisch und sozial ausgerichtetes Aufbauprogramm für Europa.

Ernst-Christoph Stolper, 58, vertritt die Organisation BUND im Netzwerk Gerechter Welthandel.

Was hat das Bündnis Gerechter Welthandel vor?

Wir veranstalten am 29. September einen dezentralen Aktionstag gegen die Ratifizierung von Ceta, auch mit Blick auf die Landtagswahlen in Bayern und Hessen. Außerdem bereiten wie eine EU-weite Kampagne gegen die Paralleljustiz für Konzerne vor. Wir brauchen mehr Konzernverantwortung, nicht mehr Privilegien.

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